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Wie die Temperatur auf ein Hydrogel einwirkt

In diesem Fachbeitrag werden die Auswirkungen der Temperatur auf ein wärmeempfindliches Polymer untersucht. Mithilfe eines Nanopartikelanalysegeräts wurden die temperaturabhängige Partikelgrösse und das Zetapotential bestimmt.
Um die Auswirkungen der Temperatur in Lösung auf die Struktur von Poly(N-Isopropylacrylamid) zu untersuchen, wurden die Grösse und das Zetapotential des Polymers mittels dynamischer und elektrophoretischer Lichtstreuung in Abhängigkeit der Temperatur bestimmt. (Bild: Shutterstock)

In diesem Fachbeitrag werden die Auswirkungen der Temperatur auf ein wärmeempfindliches Polymer untersucht. Mithilfe eines Nanopartikelanalysegeräts wurden die temperaturabhängige Partikelgrösse und das Zetapotential bestimmt.

Poly(N-Isopropylacrylamid) (kurz: PNIPA) ist ein wärmeempfindliches Polymer, das seit den 1990er Jahren intensiv erforscht wird. Aufgrund der Eigenschaften seiner Molekularstruktur zeigt PNIPA einen Phasenübergang, der durch Temperaturänderung induziert werden kann. Wird die untere kritische Lösungstemperatur («low critical solution temperature», LCST) überschritten, schrumpfen die Polymerketten aufgrund von Wasserstoffbrückenbindungen und hydrophober Wechselwirkungen allmählich zu einer gefalteten Konformation. Die Temperatursensitivität der PNIPA-Moleküle kann auch in Verbindung mit anderen Materialien oder in copolymerisierter Form erhalten bleiben. Der Phasenübergang ist dabei reversibel. Diese Eigenschaft des PNIPA kann für viele Anwendungen in der Pharmazie und bei der Entwicklung intelligenter Materialien wie Biosensoren, Membranen und Mikrogelen genutzt werden. Ausserdem kann die kritische Lösungstemperatur z. B. durch Additive in den Bereich der menschlichen Körpertemperatur verschoben werden. Dies macht PNIPA zu einem potenziellen Kandidaten für die Verabreichung von Arzneimitteln: das Hydrogel wird ausserhalb des menschlichen Organismus mit bioaktiven Molekülen beladen, die «in vivo» aufgrund des Kollapses der Polymerstruktur freigesetzt werden.

Um die Auswirkungen der Temperatur in Lösung auf die Struktur des PNIPA zu untersuchen, wurden in diesem Fachbeitrag die Grösse und das Zetapotential eines PNIPA-Hydrogels mittels dynamischer und elektrophoretischer Lichtstreuung in Abhängigkeit der Temperatur bestimmt.

Experimentelles

Das PNIPA-Hydrogel wurde in Wasser dispergiert. Die Messung des Zetapotentials und der Partikelgrössen erfolgte mit dem Nanopartikelanalysegerät BeNano 180 Zeta Pro des Herstellers Bettersize in einem Temperaturbereich von 25 °C – 50 °C. Mittels der vollautomatischen Temperaturtrend-Funktion des BeNano 180 Zeta Pro wurden die Messungen mit einem Temperaturintervall von 1 °C durchgeführt, wobei jeweils ein Aufheiz- und ein Abkühlzyklus untersucht wurde. Die Temperaturstabilisierung der gemessenen Probe wurde durch eine Temperaturgleichgewichtszeit von 60 Sekunden pro Messintervall sichergestellt.

Ergebnisse und Diskussion

Wie in Bild 1 dargestellt, nimmt die Partikelgrösse des PNIPA-Hydrogels während des Temperaturanstiegs im Bereich von 25 °C bis 50 °C ab, während die Messsignalintensität allmählich zunimmt. Bei 25 °C beträgt die Partikelgrösse etwa 700 nm, während sie bei 50 °C auf etwa 350 nm sinkt.

Bild 1: Partikelgrösse und Messsignalintensität von PNIPA-Hydrogel in Abhängigkeit der Temperatur (Bild: Bettersize Instruments Ltd.)

Die Partikelgrösse von PNIPA nimmt beim Erhitzen sprunghaft ab, sobald die Umgebungstemperatur die Phasenübergangstemperatur überschritten hat. Diese liegt in den meisten Literaturangaben bei etwa 32 °C, ist aber auch von der kolloidalen Struktur, der Konzentration und der molaren Masse der Polymerketten abhängig. Die hydrophobe Wirkung der PNIPA-Moleküle und die Bildung von Wasserstoffbrückenbindungen führen zu einer raschen Änderung der Konformation vom ungefalteten, spiralförmigen Zustand zum kollabierten Zustand. Darüber hinaus ergibt sich der allmähliche Anstieg der Messsignalintensität aus der Schrumpfung von PNIPA, die zu einem Anstieg der kolloidalen Dichte der Suspension führt.

Wie in Bild 1 gezeigt, ist das Verhalten im Wechsel von Heizen und Kühlen reversibel. Im Heiz- und Kühlzyklus ist eine deutliche Hysterese im Phasenübergang zu beobachten. Diese ist auf die endotherme Bildung der Wasserstoffbrückenbindungen beim Erhitzen und das exotherme Aufbrechen dieser während des Abkühlungsprozesses zurückzuführen.

Bild 2 zeigt den Verlauf des Zetapotentials der Probe bei verschiedenen Temperaturen. Daraus wird deutlich, dass das Zetapotential des PNIPA-Hydrogels im erfassten Temperaturbereich negativ ist. Der Betrag des Zetapotentials steigt mit Erhöhung der Temperatur signifikant. Dabei wurde eine Änderung des Zetapotentials von ca. –10 mV bei 25 °C auf ca. –24 mV bei 50 °C beobachtet. Analog der Partikelgrösse verläuft die Änderung des Zetapotentials in Abhängigkeit der Temperatur des PNIPA-Hydrogels reversibel.

Bild 2: Zetapotential des PNIPA-Hydrogels in Abhängigkeit der Temperatur (Bild: Bettersize Instruments Ltd.)

Die temperaturabhängige Konformationsänderung eines PNIPA-Moleküls ist in Bild 3 schematisch verdeutlicht und erklärt den beobachteten Zetapotential-Verlauf: Bei relativ niedrigen Temperaturen weist die Probe eine ungefaltete Konformation auf, bei der die Oberflächenladungsdichte verhältnismässig gering ist. Mit zunehmender Temperatur nimmt die Partikelgrösse jedoch ab, was zu einem Anstieg der Oberflächenladungsdichte und somit des Betrags des Zetapotentials führt. Wie zu erwarten, erfolgt dieser Anstieg sprunghaft im Bereich der Phasenübergangstemperatur des PNIPA-Hydrogels.

Bild 3: Schematische Darstellung der Temperaturabhängigkeit der PNIPA-Konformation (Bild: Bettersize Instruments Ltd.)

Zusammenfassung

In diesem Beitrag wurde eine thermosensitive PNIPA-Probe durch Messungen der Partikelgrösse und des Zetapotentials mit dem Nanopartikelanalysegerät BeNano 180 Zeta Pro charakterisiert. Die automatische Temperatursteuerung erlaubt grundlegend die Proben in einem Bereich von –10 °C bis 110 °C mit einer Genauigkeit von 0,1 °C zu temperieren. Das verwendete PNIPA zeigt – in Übereinstimmung mit Literaturwerten – eine reversible Änderung von Partikelgrösse und Zetapotential in einem Phasenübergangsbereich von ungefähr 30 bis 35 °C. Die Möglichkeit temperaturabhängige Messreihen mit diesem Nanopartikelanalysegerät vollautomatisch durchzuführen, sorgt für eine erhebliche Verbesserung der Messeffizienz und macht, neben anderen technischen Vorzügen, es zu einem robusten und leistungsfähigen Instrument für Anwendungen in Biochemie, Pharma und Biologie.

www.3p-instruments.com

Zhibin Guo, Hui Ning, Application Research Lab, Bettersize Instruments Ltd.
Denise Schneider, Frederik Schleife, 3P Instruments GmbH & Co. KG

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