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Über 30 neue Bakterienarten entdeckt

Im Spital tauchen immer wieder unbekannte Keime auf. Eine Forschungsgruppe der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel hat diese seit 2014 systematisch gesammelt und analysiert. Dabei fand sie zahlreiche neue Bakterienarten, die zum Teil mit klinisch relevanten Infektionen assoziiert sind. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift BMC Microbiology publiziert.
Die zuverlässige Bestimmung von kultivierten Keimen ist in der klinischen Bakteriologie von entscheidender Bedeutung. (Bild: Universitätsspital Basel, Sylvia Suter)

Im Spital tauchen immer wieder unbekannte Keime auf. Eine Forschungsgruppe der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel hat diese seit 2014 systematisch gesammelt und analysiert. Dabei fand sie zahlreiche neue Bakterienarten, die zum Teil mit klinisch relevanten Infektionen assoziiert sind. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift BMC Microbiology publiziert.

Die Behandlung von bakteriellen Infektionen verläuft effektiver, wenn der Auslöser der Krankheit bekannt ist. Durch Analysen im Labor gelingt es in den meisten Fällen, die Keime zu identifizieren. Doch manchmal stossen die Routinemethoden an ihre Grenzen – etwa, weil die Bakterienart nicht bekannt oder ausserordentlich aufwändig zu züchten ist.

Gesamtes Erbgut analysiert

Das Team des Mikrobiologen PD Dr. Daniel Goldenberger analysierte insgesamt 61 unbekannte bakterielle Keime, die aus Blut- oder Gewebeproben von Patientinnen und Patienten mit verschiedensten Erkrankungen stammten. Für keines dieser Isolate lieferten konventionelle Labormethoden wie Massenspektroskopie oder die Sequenzierung eines kleinen Stückes des Erbguts einen Treffer. Deshalb sequenzierten die Forschenden das gesamte Erbgut der Bakterien mit einer Methode, die erst seit wenigen Jahren zur Verfügung steht. Die ermittelten Genomsequenzen glichen sie dann mithilfe eines Online-Tools mit bekannten Bakterienstämmen ab.

Wie sich dabei herausstellte, waren 35 der 61 Bakterien bisher nicht bekannt. Die restlichen 26 Stämme wurden als schwer identifizierbar eingestuft: Deren Genomsequenzen waren erst seit Kurzem in Datenbanken abgelegt oder die Keime wurden erst vor ganz kurzer Zeit taxonomisch beschrieben. Eine Evaluation von Patientendaten ergab, dass von den 35 neuen Stämmen sieben klinisch relevant sind – das heisst, sie können beim Menschen bakterielle Infektionen verursachen. «Ein solcher direkter Abgleich zwischen neu identifizierten Bakterienarten und klinischer Relevanz wurde bisher selten veröffentlicht», sagt Goldenberger.

Verursacher von seltenen Infektionen

Der grösste Teil der neu identifizierten Arten gehört zu den Gattungen «Corynebacterium» und «Schaalia», beide grampositive Stäbchen. «Viele Arten aus diesen beiden Gattungen finden sich im menschlichen Mikrobiom der Haut und der Schleimhäute. Sie werden daher häufig unterschätzt und sind wenig erforscht», so Goldenberger. Doch wenn sie − etwa aufgrund eines Tumors − in die Blutbahn eindringen, können sie auch Infektionen auslösen.

Klinisch von Bedeutung könnte auch einer der schwer zu identifizierenden Keime sein, der aus dem entzündeten Daumen eines Patienten mit Hundebiss stammt. Eine kanadische Forschungsgruppe hat dieses Bakterium kürzlich ebenfalls aus Wunden von Hunde- und Katzenbissen isoliert. «Wir nehmen an, dass es sich dabei um einen neu aufkommenden Krankheitserreger handelt, den wir im Auge behalten müssen», sagt Goldenberger. Das Bakterium wurde 2022 von den Kanadiern als «Vandammella animalimorsus» (Tierbiss-Vandammella) benannt.

Die Benennung der entdeckten Arten gilt auch für die Basler als nächster Schritt. Hierfür arbeiten sie mit Prof. Peter Vandamme der Universität Gent, Belgien, zusammen, einem Spezialisten für die Klassifizierung von Bakterien. Zwei der Bakterien sind bereits getauft: Eines trägt den Namen «Pseudoclavibacter triregionum» – und bezieht sich auf die Lage im Dreiländereck.

Weiterhin sammeln und sequenzieren die Forschenden unbekannte Keime aus Patientenproben des Universitätsspitals Basel – mittlerweile sind über 20 dazugekommen. Aufgrund der technologischen Fortschritte in der Bakteriologie ist eine grosse Dynamik entstanden, durch diese es künftig einfacher wird, Infektionen mit seltenen Erregern zu diagnostizieren und zu behandeln.

Link zur Publikation: BMC Microbiology

Yvonne Vahlensieck, Universität Basel

www.unibas.ch

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