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Wieso nicht Synthesewasser nutzen?

Seit dem Beginn der Verbrennung fossiler Treibstoffe wurden Milliarden von Tonnen Wasser synthetisiert, das zuvor nicht existierte. Insbesondere das durch die Verbrennung von Methan erzeugte Reinstwasser sollte bei den Besitzern von Gasheizungen beliebt gemacht werden. Diese werden trotz Klimastrategie noch über Jahre im Einsatz stehen.
Anstatt das bei der Verbrennung entstehende Wasser mit dem Rauch durch den Schornstein entweichen zu lassen, könnte dieses bei einer Gasheizung mit einer Auffanganlage abgefangen werden. (Bild: Shutterstock)

Seit dem Beginn der Verbrennung fossiler Treibstoffe wurden Milliarden von Tonnen Wasser synthetisiert, das zuvor nicht existierte. Insbesondere das durch die Verbrennung von Methan erzeugte Reinstwasser sollte bei den Besitzern von Gasheizungen beliebt gemacht werden. Diese werden trotz Klimastrategie noch über Jahre im Einsatz stehen.

Bei dem aus Gasheizungsanlagen anfallenden sogenannten Kondenswasser handelt es sich eigentlich um ein reines Wasser, das durch die Verbrennung von (hauptsächlich) Methan entsteht. Das Reaktions- oder Verbrennungsprodukt Wasser entsteht durch die nachstehende chemische Umsetzung:

CH4+2 O2CO2+2 H2O
Methan+SauerstoffKohlendioxid+Wasser
16,0+64,044,0+36,0 [«Grammmoleküle»]
Aus einem Kubikmeter Methan (714 g Methan) können 1,6 kg Wasser erzeugt werden.


Rein rechnerisch werden durch die Verbrennung von einem Kubikmeter Erdgas rund 1,6 Liter reinen Wassers erzeugt. Die Menge des gewinnbaren Kondensats liegt je nach Abgastemperatur der Heizungsanlage zwischen 1,3 und 1,5 Liter. Die tatsächlich abgesonderte Menge an Kondenswasser ist abhängig von der Rücklauftemperatur des Heizungswassers, dem Luftüberschuss im Gaskessel und der Grösse der Oberfläche der Nachschaltheizflächen im Gasheizkessel.

Zusammensetzung von Erdgas

Die in die Schweiz gelieferten Erdgase bestehen zu ca. 89 bis 95 % aus Methan. Weiter enthalten sie als brennbare Kohlenwasserstoffe zwischen ca. 2 und 5 % Ethan, ca. 0,5 bis 1 % Propan und bis in den Promillebereich iso-Butan, n-Butan, iso-Pentan, n-Pentan und schliesslich ca. 0,01 bis 0,06 % Hexane (Quelle: Eigenschaften der in der Schweiz verteilten Erdgase 2010; Zusammenstellung und Berechnung Erdgas Ostschweiz AG, Zürich).

CnH2n+O2n CO2+2n H2O
Ethan bis Hexane+SauerstoffKohlendioxid+Wasser
Auch diese Kohlenwasserstoffe verbrennen ausschliesslich zu Wasser und Kohlendioxid.


Berücksichtigt man die Übergangszeit von April bis Oktober ohne bzw. mit reduziertem Heizungsbetrieb, können in einem Einfamilienhaus zwischen 1500 bis 3000 Liter Reinstwasser pro Jahr gewonnen werden.

Die Reinheit dieses Wassers hängt zum Teil auch ab von der Menge an schwefelhaltigen Geruchsstoffen, sogenannten Odoraten, die dem Gas beigemischt werden sowie davon, aus welchen Materialen die Abgasleitungen und die Leitungen für das Kondensat hergestellt sind. Bei Verwendung von geeignetem Plastik oder Glas für die Leitungen, mit denen das Verbrennungswasser («Kondensat») in Berührung kommt, entfällt eine Verunreinigung durch Metallspuren (Aluminium, Chrom, Eisen, Nickel).

Keine Verunreinigungen aus der Luft

Eine Kondensat-Sammelanlage besteht aus dem eigentlichen Sammelbehälter, den Zu- und Ableitungen, einem Siphon und Armaturen. Damit keine Verunreinigungen aus der Luft in die Kondensat-Leitung («Kamin») fallen kann, ist auf dem in die Luft führenden Rohr eine grossflächige Haube aus feinmaschigem Kunststoff- oder rostfreiem Stahlgewebe aufzusetzen. 

Kondensate aus Gasheizungen sind schwach sauer (der pH-Wert liegt etwa zwischen 3 und 5). Dies zunächst wegen des bis zur Sättigung gelösten Kohlendioxids (das ja gleichzeitig mit der Bildung von Wasser entsteht). Solche wässrigen Lösungen von Kohlendioxid werden auch als Kohlensäure bezeichnet. Weiter enthält das Verbrennungswasser von Erdgas Spuren von Sulfiten und Sulfaten, die durch die Verbrennung der beigemischten Odorate entstehen. Gegebenenfalls können auch kleinste Mengen an Nitriten und Nitraten enthalten sein. Dies alles trägt zur leicht sauren Reaktion des Verbrennungswassers bei.

Bei entsprechend umsichtiger Verwendung der Materialien, mit denen das Wasser von der Entstehung bis zum Auffangen in Berührung kommt, kann damit gerechnet werden, dass die Leitfähigkeit ungefähr zwischen 10 und 300 µS/cm liegt (1 Siemens ist der Kehrwert des elektrischen Widerstandes 1 Ω. Das Ohm ist die SI-Einheit des elektrischen Widerstandes: S = 1/Ω = A/V).

Da das Wassermolekül ein Ampholyt ist, der mit sich selbst reagieren kann [mit Säuren zu H3Ound mit Basen zu OH], hat selbst Reinstwasser eine geringe elektrische Leitfähigkeit. Der rechnerische Grenzwert beträgt 0,055 µS/cm bei 25 °C. Solches Reinstwasser hat unter Luftausschluss einen pH-Wert von 7. Dagegen liegt der pH-Wert von sorgfältig gesammeltem Verbrennungswasser (siehe oben) zwischen 3 und 5.

pH-Wert

Der pH-Wert ist ein Mass für den sauren oder basischen (alkalischen) Charakter einer wässrigen Lösung. Der pH-Wert ist eine dimensionslose Zahl. Er ist der negative dekadische Logarithmus («Zehnerlogarithmus») der Wasserstoffionenkonzentration beziehungsweise der Aktivität der Wasserstoffionen.

pH = – log10(aH+) ➝ oder auch: aH+ = 10-pH

Bei verdünnten Lösungen entspricht der pH-Wert annähernd dem negativen dekadischen Logarithmus des Zahlenwertes der Stoffmengenkonzentration der Oxoniumionen (H3O+) in Mol pro Liter:

pH = – log10 (cH3O+ . 1/mol) ➝ oder auch: cH3O+ = 10-pH . mol/1


Im Sinne einer besseren Ressourcen-Nutzung ist es angezeigt, dieses an sich sehr reine Wasser nicht in das Abwasser zu leiten. Es drängt sich deshalb auf, bei der Neuinstallation einer Gasheizung eine geeignete Auffanganlage mit einem Ablassventil (zur Wasserentnahme) und einem Überlauf einzurichten. Gegebenenfalls ist die Nachrüstung bestehender Gasheizungen mit einer solchen Auffang-Einrichtung für das anfallende Kondensat unbedingt angezeigt.

Reinstwasser ist in dem Sinn «leer», dass nichts in ihm gelöst ist. Aufgrund dieser «Leere» hat es die besondere Eigenschaft, zu versuchen, sich mit in ihm auflösbaren Substanzen anzureichern. Mit anderen Worten: Je reiner das Wasser, umso höher ist sein Verlangen, sich anzureichern, was auch als «Lösungsdruck» bezeichnet wird.

Verbrennungswasser im Haushalt einsetzen

Das Verbrennungswasser kann ohne weiteres für diverse Anwendungen im Haushalt eingesetzt werden. Dazu gehört unter vielen anderen das Füllen von Luftbefeuchtern und Dampfbügeleisen, die Speisung von Steamern, von Kaffeemaschinen, von Wasserkochern, die Verwendung für Bleiakkumulatoren (Autobatterien) und überall dort, wo demineralisiertes Wasser eingesetzt wird. Es hat sich zudem gezeigt, dass es hervorragend für das Giessen von Zimmerpflanzen (keine Verkalkung) und Einstellen von Schnittblumen geeignet ist. Da das hochreine Wasser nach vollständigem Verdunsten keinerlei Spuren hinterlässt, ist es auch zur Reinigung von Fenstern hervorragend geeignet. Wird solches Wasser mit den entsprechenden Mineralien versetzt, kann es sogar zu «massgeschneidertem» Mineralwasser aufbereitet werden. 

Weiter besteht die Möglichkeit, das Verbrennungswasser durch nachgeschaltete weitere Reinigungsschritte bis zu höchsten Reinheitsgraden aufzubereiten. Wegen der ursprünglich geringen Belastung mit Mineralien oder anderen Unreinheiten werden die nachgeschalteten Reinigungsanlagen (Ionenaustauscher, Umkehrosmose) so wenig belastet, dass sie im Vergleich zur Verwendung von Leitungswasser erheblich länger ohne Regeneration betrieben werden können.

Sind Synthesen, die als einzigen Zweck nur die Nutzung der dabei entstehenden Wärme haben, nicht an und für sich fragwürdig?

Falls es in der Schweiz zum Bau von Gaskraftwerken kommt, würden dort industrielle Mengen an Verbrennungs-/Reinwasser anfallen. Dieses Wasser könnte vor Ort mit leistungsfähigen Nachreinigungsinstallationen für die Dampferzeugung aufbereitet werden (zum Betrieb von Hochdruckdampferzeugern in Kraftwerken darf das Wasser maximal eine Leitfähigkeit von 0,2 µS/cm haben).

Dr. Ebo Aebischer, Dipl. Chemiker, Bern

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