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Direkt im Auspuffrohr abfangen

Über eine Million Tonnen Kohlendioxid pro Jahr stossen Lastwagen in der Schweiz gemäss Bundesamt für Statistik aus. Ein neues System scheidet das aus dem Auspuffrohr austretende Gas ab und speichert es im flüssigen Zustand.
Soll bald möglich sein: Die mobile Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid. (Bild: Envato)

Über eine Million Tonnen Kohlendioxid pro Jahr stossen Lastwagen in der Schweiz gemäss Bundesamt für Statistik aus. Ein neues System scheidet das aus dem Auspuffrohr austretende Gas ab und speichert es im flüssigen Zustand.

Der Umstieg auf umweltfreundliche Antriebe stagniert bei den Lastwagenflotten. In der Schweiz wächst zwar der Anteil an Elektro-LKW, doch der genaue Prozentsatz wurde nicht publik gemacht. Ist dieser zu wenig signifikant? Auch die Zahlen aus der EU überzeugen nicht: Im ersten Quartal (2023) wurden 600 Elektro-LKW mit einem Gewicht von mindestens 16 Tonnen zugelassen, während es 86 455 Exemplare mit Verbrennungsmotor waren. So ergibt es Sinn, vorerst die bestehende Verbrennungsflotte zu optimieren. Dies will ein vom EPFL-Spin-off Qaptis entwickeltes System zur Dekarbonisierung von Lastwagen: Es soll die Kohlendioxidemissionen von Lastwagen um bis zu 90 Prozent senken.

Die Kerntechnologie wurde im Labor für industrielle Prozess- und Energiesystemtechnik der EPFL entwickelt. Mit einem möglichst niedrigen Verbrauch an Fremdenergie überführt diese das CO2 vom gasförmigen in den flüssigen Zustand. Unmittelbar nach der Abscheidung wird das CO2 gekühlt und von anderen Gasen wie Stickstoff und Sauerstoff getrennt. Dabei wird das Gemisch durch ein pulverförmiges Adsorptionsmittel geleitet. Ist dieses gesättigt, wird es mit der Wärme des Verbrennungsmotors erhitzt. Dadurch wird CO2 freigesetzt, welches darauf von Hochgeschwindigkeits-Turboladern zu einer Flüssigkeit komprimiert wird, was dessen Volumen reduziert. Théodore Caby, Mitgründer und COO von Qaptis, erklärt: «Wir planen, ein metallorganisches Pulver einzusetzen, das unser Verfahren weiter optimieren soll. Das uns vorschwebende Pulver wird aktuell jedoch noch nicht im industriellen Massstab hergestellt.»

Der zunächst bei einer US-Firma getestete Prototyp wurde für die Optimierung nach Tolochenaz (VD) verlegt. (Bild: EPFL)

Abgeschiedenes CO2 kann bei der Herstellung von Lebensmitteln, Düngemitteln, Energie, Baumaterialien und synthetischen Kraftstoffen eingesetzt werden. Und genau für letztere Anwendung ist das System gedacht: Das flüssige CO2 wird in einem Tank hinter dem Fahrerhaus gespeichert und wird abgelassen, wenn der LKW zum Frachtterminal zurückkehrt. Diesbezüglich will Qaptis später auch ein Rückgewinnungssystem mit CO2-Tank für die Entleerung an Tankstellen entwickeln. Das sollte einfach skalierbar sein.

Bis das System miniaturisiert ist, sodass es in bestehende Fahrzeuge eingebaut werden kann und für den täglichen Einsatz reif ist, dauert es noch einige Monate. Caby ergänzt: «Unser Ziel ist ein modulares und damit mit verschiedenen LKW-Typen kompatibles System.» Das erste Testfahrzeug soll Ende 2024 in Betrieb genommen werden. «Wir befinden uns derzeit in Gesprächen mit einem grossen lokalen Spediteur, der unsere Technologie schon bald einsetzen möchte», schliesst Caby.

Cécilia Carron, EPFL

Übersetzt und gekürzt von ChemieXtra

www.epfl.ch

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