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Wie Cadmium in den Kakao gelangt

Schokolade und Ovomaltine sind in der Schweiz kaum wegzudenken. Die einen mögen es richtig süss, die anderen bevorzugen die als gesünder geltende schwarze Schokolade. Am Helmholtz Zentrum Berlin wurde nun nachgewiesen, dass die Kakaoherkunft den einen Konsumenten einen Strich durch die Rechnung machen kann.
Kakaobohnen lassen sich zu köstlicher Schokolade verarbeiten. Leider nehmen die Bohnen aber auch Schwermetalle auf, wenn die Böden belastet sind. (Bild: AdobeStock)

Schokolade und Ovomaltine sind in der Schweiz kaum wegzudenken. Die einen mögen es süss, die anderen bevorzugen die schwarze Schokolade mit dem höheren Kakaogehalt. Am Helmholtz Zentrum Berlin wurde nachgewiesen, dass die Kakaobohnen bestimmter Anbaugebiete einen zu hohen Cadmiumgehalt aufweisen. Doch auch die Verarbeitung kann einen Einfluss auf die Schwermetallbelastung haben.

Seit mindestens 5000 Jahren ernten Menschen die Bohnen des Kakaostrauchs. Sie haben gelernt, die Bohnen zu fermentieren, zu rösten, zu mahlen und mit Zucker und Fett zu köstlichen Schokoladen zu verarbeiten. Diese gilt als Seelentröster, Aminosäuren wie Tryptophan hellen die Stimmung auf. Ausserdem enthalten Kakaobohnen anti-entzündliche Verbindungen und wertvolle Spurenelemente.

Europäer lieben Kakao

Kakao hat sich zu einem grossen Geschäft entwickelt: Heute sind jedes Jahr rund fünf Millionen Tonnen Bohnen auf dem Markt, die nur aus einigen wenigen Anbaugebieten in tropischen Regionen kommen, denn Kakao wächst nicht überall. Mit 1,8 Millionen Tonnen Kakao ist Europa der grösste Verarbeiter, dies entspricht einem Anteil von 35,6 Prozent an der weltweiten Verarbeitung.

Doch Kakaobohnen können giftige Schwermetalle wie Cadmium aus dem Boden aufnehmen, wenn diese entsprechend belastet sind, zum Beispiel durch Abraum von Bergbau, der Grundwasser und Böden allmählich vergiften kann. Einige Anbaugebiete, insbesondere jene in Südamerika, sind mit Schwermetallen zum Teil erheblich belastet. Durch das Zusammenspiel verschiedener Röntgenfluoreszenz-Techniken konnte nun ein Team an «BESSY II» erstmals nicht-invasiv messen, wo sich Cadmium in den Kakaobohnen anreichert: Weniger im Inneren der Bohne, sondern vor allem in der Schale (BESSY II ist ein Elektronenspeicherring für die Untersuchung verschiedenster Proben, betrieben vom Helmholtz Zentrum Berlin).

Wo reichern sich Schwermetalle an?

Dabei kommt es jedoch auch darauf an, wo sich die Schwermetalle in der Bohne anreichern, ob eher in der Schale oder eher im Mehlkörper im Inneren der Bohne: Denn die Bohnen durchlaufen von der Ernte bis zum Rohstoff für Schokolade viele Behandlungsschritte, welche die Belastung möglicherweise reduzieren könnten. Und zwar idealerweise so, dass die Schwermetalle reduziert werden, aber die erwünschten Spurenelemente erhalten bleiben.

Ein Team um Dr. Ioanna Mantouvalou (HZB) und Dr. Claudia Keil (TU Berlin/Toxikologie) hat nun an der «BAMline» von BESSY II verschiedene Imaging Methoden genutzt, um die Schwermetallkonzentrationen in Kakaobohnen präzise zu kartieren. Damit untersuchten sie Kakaoproben aus einer Anbauregion in Kolumbien, die mit durchschnittlich 4,2 Milligramm pro Kilogramm Cadmium belastet waren. Das ist deutlich über den Europäischen Grenzwerten von 0,1 bis 0,8 Milligramm Cadmium pro Kilogramm in Kakaoerzeugnissen.

Drei Analysemethoden kombiniert

Das Team hat mit drei verschiedenen Röntgenfluoreszenz-Techniken gearbeitet, um die Kakaobohnen zu untersuchen. Sie entwickelten unter anderem eine neue Analysemethodik für die Absorptionskorrektur bei der Bildgebung mit einer Röntgenfarbkamera. «Es gab bisher wenig Erkenntnisse dazu, wie Cadmium vom Boden durch Wurzeln in die Pflanze einwandert und wo sich das Element in den Bohnen anreichert. Insbesondere auch deswegen, weil es nicht möglich war, den Cadmium-Gehalt nicht-invasiv genau zu lokalisieren», sagt Mantouvalou. Die Doktoranden Frank Förste (TU Berlin) und Leona Bauer (TU Berlin und HZB) führten die Experimente durch.

Die Elementverteilung auf einem virtuellen Schnitt einer fermentierten Kakaobohne mittels Röntgenfluoreszenz-CT. Deutlich sichtbar ist, dass Cadmium (Cd) vor allem in der Schale vorkommt. (Bild: HZB)

Cadmium ist besonders schwer nachzuweisen, erklärt Mantouvalou. Denn das Cadmium-Signal, das die Anregung der äusseren Elektronen erzeugt, liegt genau unter dem sehr viel stärkeren Fluoreszenz-Signal des Elements Kaliums, das in höherer Konzentration im Kakao vorkommt. «Wir regen daher ganz gezielt eine tiefere Elektronenschale des Cadmium-Atoms an, was nur mit harten Röntgenstrahlen an der BAMLine möglich ist», sagt Frank Förste. «Damit konnten wir die Querschnitte von Kakaobohnen nun mit hoher Auflösung kartieren, und zeigen, dass sich Cadmium vorwiegend in der äusseren Schale anreichert», sagt Leona Bauer.

Rösten verändert die Verteilung

Dabei entdeckten sie auch interessante Unterschiede zwischen Bohnen vor und nach dem Röstvorgang: «Wir konnten nachweisen, dass sich durch das Rösten die Elementverteilung in den Bohnen ändert», sagt Mantouvalou. Da es mit dem Zusammenspiel der genutzten Methoden nun erstmals möglich ist, die Anreicherung von Cadmium ortsgenau zu messen, könnten weitere Untersuchungen systematisch erkunden, mit welchen verbesserten Verarbeitungsschritten die Belastung minimiert wird.

Differenzierte Betrachtung von Bohne und Endprodukt

Es muss betont werden, dass sich der Cadmiumgehalt von den Bohnen und dem Endprodukt unterscheidet. Gemäss Anfrage von ChemieXtra soll es übliche Praxis sein, im Produktionsprozess verschiedene «Kakaoblends» zu vermischen, wodurch auch der Cadmiumgehalt im Produkt gesenkt werden kann. Gemäss Dr. Claudia Keil (TU Berlin/Toxikologie) wird es bei den Edelkakaos problematisch, die sich durch unvergleichlich feine und charakteristische Aromen auszeichnen und ohne Verblendung zu hochwertigen Schokoladenprodukten verarbeitet werden. «Diese besonders aromatischen Varianten machen in Anbauländern wie Bolivien, Mexico, Nicaragua, Kolumbien, Peru und Venezuela den Löwenanteil der Kakaoproduktion aus.» In diesen Ländern widerspiegelt sich der hohe Cadmiumgehalt in den Böden in den Kakaobohnen.

ChemieXtra


Originalpublikation: Analytical Chemistry

Antonia Rötger, Helmholtz Zentrum Berlin

www.helmholtz-berlin.de

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