Offizielles Organ des Schweizerischen
Chemie- und Pharmaberufe Verbandes

Welche Folgen hätte ein Importstopp von russischem Öl oder Gas für die Schweiz?

Die Schweiz ist zwar nicht so stark vom russischen Gas oder Öl abhängig wie sein nördliches Nachbarland, aber sehr wohl von der deutschen petrochemischen Industrie. (Bild: Shutterstock)

Erst kürzlich teilte der deutsche Verband der Chemischen Industrie (VCI) mit, dass ein kurzfristiger Importstopp von Öl und vor allem Gas aus Russland für die Wertschöpfungskette in Deutschland massive Folgen haben würde. Doch was würde ein solcher Importstopp für die Schweiz bedeuten?

Die ChemieXtra hat bei Pia Guggenbühl von Scienceindustries nachgefragt und um eine Einschätzung gebeten. Guggenbühl ist Bereichsleiterin Public Affairs und Kommunikation und gleichzeitig neues Mitglied der Geschäftsleitung des Schweizer Wirtschaftsverbandes.

Grundsätzlich schätzt Scienceindustries die Folgen für Deutschland genauso ein, wie es der VCI tut. Für Deutschland wären die Konsequenzen stark spürbar. Schliesslich habe Deutschland im Jahr 2020 55,2 Prozent des Erdgases aus Russland bezogen, betont Guggenbühl.

Aber für die Schweiz zeigt sich ein anderes Bild: «Die chemische Industrie in Deutschland ist aufgrund ihrer stärkeren Ausrichtung auf die petrochemische Industrie in einer grösseren Abhängigkeit von fossilen Energieträgern als die Mitgliedsunternehmen von Scienceindustries», erläutert Guggenbühl. Die Folgen eines Importstopps für die Schweizer Chemie- und Pharmaindustrie wären anders und sind vielschichtiger. Denn die Schweiz ist zwar nicht so stark vom russischen Gas oder Öl abhängig wie sein nördliches Nachbarland, aber sehr wohl von der deutschen petrochemischen Industrie. «Für unsere Mitgliedunternehmen sind Erdgas und Erdöl sowohl als Energieträger wie auch als Basisstoffe für die Herstellung von Rohstoffen für die chemische Synthese weiterhin wichtig. Unsere Mitgliedunternehmen sind von einer kontinuierlichen Energieversorgung, um die Prozesse sicher zu führen, und vom Zugang zu Ausgangsstoffen aus der deutschen Petrochemie abhängig, um die Produktion aufrecht erhalten zu können.» Eine «lediglich periodisch verfügbare Energieversorgung» führt laut der Kommunikationsverantwortlichen zu einer Einstellung der Produktion.

Würde die EU den russischen Gas-Hahn ganz zudrehen, würden dies nicht nur die Chemie-, Pharma- oder Life-Sciences-Unternehmen zu spüren bekommen. Sollte kein russisches Gas mehr nach Europa geliefert werden, könnte das Auswirkungen auf den Stromimport in die Schweiz haben. Länder, die ihren Strom teilweise mit Gas produzieren, würden wohl weniger Strom exportieren und somit den Import von Strom in die Schweiz reduzieren.

Hinweis für die Leserin, für den Leser

Alle die hier genannten Einschätzungen stammen vom Schweizer Wirtschaftsverband Scienceindustries und müssen sich nicht zwangsläufig mit den Einschätzungen der ChemieXtra-Redaktion decken.

Roger Bieri

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