Offizielles Organ des Schweizerischen
Chemie- und Pharmaberufe Verbandes

MEDIADATEN

Suche
Close this search box.

Vermeintlich gefahrlos

Der Transport leerer, ungereinigter Verpackungen ist nicht gefahrlos. In der Regel ist eine kleine Menge des gefährlichen Stoffs noch vorhanden, sodass dieser weiterhin eine potenzielle Gefahr darstellt. Wer Sicherheit gewährleisten und die Vorschriften einzuhalten will, muss diverse Massnahmen beachten.
Auch Rückstände von entzündlichen Flüssigkeiten in leeren Gebinden bilden eine potenzielle Explosionsgefahr. (Bild: Shutterstock)

Der Transport leerer, ungereinigter Verpackungen ist nicht gefahrlos. In der Regel ist eine kleine Menge des gefährlichen Stoffs noch vorhanden, sodass dieser weiterhin eine potenzielle Gefahr darstellt. Wer Sicherheit gewährleisten und die Vorschriften einzuhalten will, muss folgende Massnahmen beachten.

In fast allen Industrien werden als Gefahrgut klassifizierte Produkte eingesetzt. Unter welchen Bedingungen geleerte, ungereinigte Gefahrgutgebinde abtransportiert werden dürfen, ist in den Gefahrgut-Vorschriften definiert. Vier Varianten:

1. Versand als Gefahrgut ohne Freistellungen

Bei der Standardvariante werden die Verpackungen so transportiert, als wären sie gefüllt. Das Fahrzeug hat die orangen Tafeln aufgeklappt, der Fahrer verfügt über eine ADR-Schulungsbescheinigung, die erforderliche Ausrüstung und das Beförderungspapier. Die leeren, ungereinigten Gebinde erfüllen dieselben Bedingungen wie gefüllte Gebinde:

  • Gebinde dicht und verschlossen
  • Kennzeichnung mit Gefahrzettel und UN-Nummer des letzten Füllgutes
  • Keine gefährlichen Gefahrgut-Rückstände an der Aussenseite

Die geforderten Einträge im Beförderungspapier sind bei geleerten Verpackungen jedoch vereinfacht. In den meisten Fällen reicht eine summarische Angabe «Leere Verpackungen mit Rückständen von», gefolgt von einer Auflistung der Gefahrzettel (Klasse und Nebengefahr) der beförderten Leergebinde.

2. Erleichterte Beförderung unter Freistellung ADR 1.1.3.6

ADR 1.1.3.6 beschreibt Freistellungen in Zusammenhang mit den Mengen, die pro «Beförderungseinheit» transportiert werden (auch als 1000-Punkte-Regel bekannt). Solange Verpackungen kein Gefahrgut der Beförderungskategorie 0 enthielten, fallen leere, ungereinigte Verpackungen in die Beförderungskategorie 4. Dies bedeutet, dass ein Fahrzeug beliebig viele leere, ungereinigten Verpackungen mitnehmen und gleichzeitig die Freistellung nach ADR 1.1.3.6 anwenden darf. Bei Anwendung dieser Freistellung ist der Transport von vielen Anforderungen eines «normalen» Gefahrguttransports befreit. In der Schweiz gibt es noch eine national gültige Erleichterung gemäss SDR Unterabschnitt 8.1.2.1: «Ohne Beförderungspapier transportiert werden dürfen ungereinigte, leere Verpackungen der Beförderungskategorie 4 mit Ausnahme der UN-Nummer 3509».

3. Ausschluss jeder Gefahr

ADR 1.1.3.5 stellt fest, dass leere, ungereinigte Verpackungen nicht den ADR-Vorschriften unterliegen, «wenn geeignete Massnahmen ergriffen wurden, um mögliche Gefahren auszuschliessen. Gefahren sind ausgeschlossen, wenn Massnahmen zur Beseitigung der Gefahren (…) ergriffen wurden». Obige Anforderungen bedeuten, dass sich diese Freistellung in der betrieblichen Praxis nur schwierig umsetzen lässt, weil die leeren Gebinde dafür einen Reinigungs- oder Inaktivierungsprozess durchlaufen müssten. Ein solcher Aufwand ist meist nicht wirtschaftlich.

4. Transport als Gefahrgut der UN-Nummer 3509

Eingeführt wurde die UN-Nummer 3509 «Altverpackungen, leer, ungereinigt» 2015, insbesondere um den Transport beschädigter Verpackungen und solchen mit fehlendem Verschluss abzudecken. Diese nicht mehr funktionstüchtigen Verpackungen dürfen nicht auf Ladeflächen gestellt oder mit Schrumpffolie auf einer Palette fixiert werden, sondern müssen regulär verpackt werden. Die Gebinde zur Verpackung von Altverpackungen müssen nicht bauartgeprüft sein, aber aber flüssigkeitsdicht, durchstossfest und dicht verschlossen sein. Zudem müssen diese vor der Befüllung und der Übergabe zur Beförderung auf Schäden überprüft werden.

Altverpackungen, die flüssige Gefahrgüter enthielten, müssen in starren Verpackungen verpackt werden, die mit Rückhaltemittel (z. B. saugfähigem Material) ausgerüstet sind. Altverpackungen, die feste Gefahrstoffe enthielten, dürfen in flexiblen Verpackungen (z. B. Big-Bags) verpackt werden. Zu beachten bei der Verwendung von UN 3509 ist insbesondere die Sondervorschrift 663. Diese Vorschrift macht eine Reihe zusätzlicher Einschränkungen, insbesondere:

  • Die unter UN 3509 transportierten Gebinde gehen in die Entsorgung oder einen Recycling-Prozess
  • Bestimmte Gefahrenklassen und Stoffgruppen sind ausgeschlossen
  • Gebinde mit Gefahrzettel 5.1 (brandfördernde Stoffe) dürfen nicht zusammen mit anderen Altverpackungen zusammengepackt werden (Brandgefahr)
  • Am Verladeort muss ein dokumentiertes Sortierverfahren etabliert sein, um die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen

Die jeweiligen Verhältnisse beim Absender erfordern unterschiedliche Massnahmen bei der Organisation des Transports. Verlader sollten deshalb feststellen, welche Gefahrgutreste vor Ort vorkommen können und in welchem Zustand die Gebinde sind.

Dr. Stephan Steines, Swiss Safety Center AG

www.safetycenter.ch

Das könnte Sie auch interessieren:

Newsletter abonnieren

Login