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Verfälschte Analysen von Vitamin B12

Viele Naturstoffe sind kompliziert aufgebaute organische Moleküle. Häufig lassen sie sich aber mit spektroskopischen Techniken gut nachweisen. Ein Team von Forschenden hat herausgefunden, dass bei chiralen Molekülen bei der Analyse mit Raman-Spektroskopie Vorsicht geboten ist.
Molkulare Phänomene, die nicht berücksichtigt werden, können zu fehlerhaften Interpretationen der Analyseergebnisse führen. Wissenschaftler haben ein solches Problem bei Vitamin B12 aufgespürt. (Bild: Adpic)

Viele Naturstoffe sind kompliziert aufgebaute organische Moleküle. Häufig lassen sie sich aber mit spektroskopischen Techniken gut nachweisen. Ein Team von Forschenden hat herausgefunden, dass bei chiralen Molekülen bei der Analyse mit Raman-Spektroskopie Vorsicht geboten ist. Wie die Studie an Vitamin B12 in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift «Angewandte Chemie» zeigt, kann eine Interferenz mit zirkular polarisiertem Licht das Ergebnis verfälschen.

Vitamin B12 ist ein für viele Körperfunktionen wichtiges Vitamin. Es trägt zu einem funktionierenden Energiestoffwechsel bei und wird für den Aufbau des Nervensystems und für die Blutbildung benötigt. Gleichzeitig kann es variabel mit anderen Substanzen verknüpft werden, und es ist gesundheitlich unbedenklich. Manche Wissenschaftler halten es daher für eine gutes Transportmittel, um zum Beispiel bestimmte Medikamente «huckepack» zu ihrem Zielort zu bringen.

Auf der Suche nach Fehlerquellen

Für ein solches Unterfangen sind jedoch besonders empfindliche, zuverlässige Analysemethoden wichtig. Im Fall von Vitamin B12 eignet sich unter anderem die Untersuchung der Raman-Aktivität, der Streuung von Lichtstrahlen durch Schwingungen im Molekül. Malgorzata Baranska von der Jagiellonen-Universität in Krakau (Polen) und Kollegen weisen nun auf eine mögliche Fehlerquelle hin.

Beliebtes Forschungsobjekt: Vitamin B12

Viele organische Substanzen, wie Vitamin B12, haben eine Händigkeit, die sich durch eine besondere Wechselwirkung mit polarisiertem Licht ausweist. Sie absorbieren und streuen links- und rechtsdrehend polarisiertes Licht unterschiedlich stark und zeigen charakteristische optische Aktivität in Raman-spektroskopischen Analysen. Das Forschungsteam wählte nun für seine Analyse mehrere Vitamin-B12-Präparate aus, die bei gleichem Grundaufbau funktionelle Gruppen aufwiesen, die sich nur wenig voneinander unterscheiden.

Eigentlich dürften sich die Präparate in ihren Spektren kaum unterscheiden, weil ja der Grundaufbau der Moleküle gleichblieb. Bei manchen Derivaten änderte sich die optische Aktivität jedoch deutlich mit der Konzentration des Stoffs in der Lösung. Wird das nicht bemerkt, könnten die Daten falsch interpretierten werden, warnen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Die in der Studie verwendeten Vitamin-B12-Präparate: Grün umrahmt sind diejenigen Moleküle, bei denen ein schwacher elektronischer Zirkulardichroismus (ECD) festzustellen war. Im gelben Rahmen befinden sich entsprechend diejenigen Verbindungen mit starker ECD je nach Konzentration. Die rot eingefärbten Gruppen illustrieren die Abweichung zu den natürlichen Vitamin-B12-Molekülen. (Bild: Wiley-VCH, CC BY 4.0)

Fehler oft übersehen

Wie Baranska und ihre Kollegen entdeckten, lag diese seltsame Konzentrationsabhängigkeit am sogenannten Zirkulardichroismus. «Das links und rechts zirkular polarisierte Licht wird in einem chiralen Medium vor und am Brennpunkt des Laserstrahls in der Messzelle unterschiedlich absorbiert», erklärt Baranska. Und dieser Effekt führe zu einer zusätzlichen, falschen optischen Aktivität des gelösten Moleküls. «Wir glauben, dass dieses Phänomen bei früheren Studien entweder übersehen wurde oder falsch interpretiert wurde», sagen die Autoren.

Das Problem sei aber lösbar. Der Effekt lässt sich rechnerisch beschreiben und somit aus den Daten wieder herausnehmen, meinen die Autoren. Man könne aber auch die Messung selbst über die Ausrichtung des Laserstrahls anpassen.

In ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Vitamin-B12-Derivate. Der Effekt und die möglichen Ausgleichsverfahren seien aber auch auf andere chirale Moleküle anwendbar, betonen sie.

www.angewandte.de

Malgorzata Baranska, Jagiellonen-Universität in Krakau (Polen)

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