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Chemie- und Pharmaberufe Verbandes

Neue Echtzeit-Methode für die Umweltüberwachung

Kunststoff ist nicht gleich Kunststoff. Für das Recycling ist es wichtig herauszufinden, mit welchem Material genau man es zu tun hat. Eine neue Methode könnte dabei helfen. (Bild: RUB, Kramer)

Mikroplastik detektieren oder Pflanzenschädlinge frühzeitig erkennen – das und noch viel mehr ermöglicht ein neues Verfahren, welches auf Nahinfrarot-Licht-Messungen basiert. Es ist günstig und funktioniert in Echtzeit.

Die Methode funktioniert mithilfe von Nahinfrarot (NIR)-Licht und ermöglicht, detaillierte spektrale Informationen aus verschiedenen Materialien und biologischen Proben präzise zu erfassen. Die Forschenden zeigten, dass sich mit der sogenannten «HyperNIR»-Technik beispielsweise verschiedene Kunststoffsorten berührungsfrei unterscheiden lassen, was nützlich für Recyclingprozesse oder die Detektion von Mikroplastik ist.

Das für Menschen unsichtbare Nahinfrarot-Licht enthält wertvolle Informationen über die chemische Zusammensetzung einer Probe. Mit früheren Verfahren liess es sich entweder als Graustufenbild oder als Spektrum darstellen, also als Intensitätsverteilung für verschiedene Wellenlängen. Das neue Verfahren basiert auf der hyperspektralen Bildgebung, also auf der Kombination aus spektralen und räumlichen Informationen. Mit kostengünstigen und kommerziell verfügbaren Komponenten können die Forschenden jede Standardkamera in eine HyperNIR-Kamera verwandeln und so spektrale Informationen in Bilder überführen. Sie nutzen dafür eine steuerbare Polarisationsoptik. Externe Marker, zum Beispiel Farbstoffe, können auch erfasst werden, sind aber nicht erforderlich.

Zum Beispiel Pflanzen überwachen

Das System erstellt drei Aufnahmen pro Probe, die detaillierte spektrale Informationen liefern. Während herkömmliche Verfahren eine Probe zeitintensiv abrastern müssen, ist die HyperNIR-Kamera deutlich schneller. «Die Fähigkeit, unterschiedliche Materialien und deren Eigenschaften in Echtzeit zu analysieren, kann die Effizienz von Prozessen in der Umweltüberwachung erheblich steigern», prognostiziert Sebastian Kruss vom Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS.

Mit der «HyperNIR»-Technik verfolgten die Forschenden, wie eine Paprikapflanze Wasser in die Blätter aufnimmt. Mit der mittig über der Pflanze angebrachten Kamera konnten sie im Nahinfrarot-Licht die Vorgänge im Inneren der Pflanze beobachten. (Bild: Jan Stegemann)

So zeigten die Forschenden beispielsweise, dass sie mit der Hyper-NIR-Technik in Echtzeit verfolgen konnten, wie eine Paprika-Pflanze Wasser aufnimmt – und zwar kontaktlos und ohne Farbstoffe einzusetzen. «Diese hyperspektrale Bildgebung lässt sich potenziell auch auf andere Moleküle übertragen», gibt Jan Stegemann einen Ausblick. «So könnte man den Nährstoffgehalt in einer Pflanze überwachen oder einen Befall mit Schädlingen sowie pflanzlichen Stress frühzeitig erkennen.»

Auch biomedizinische Anwendungen denkbar

Das HyperNIR-Verfahren kann auch mit der Fluoreszenzmikroskopie kombiniert werden, um verschiedene fluoreszierende Moleküle zu unterscheiden, die als Marker genutzt werden. Das macht das System potenziell für die biomedizinische Forschung interessant. Diesen Anwendungsbereich möchte die Forschungsgruppe künftig weiter erschliessen.

«Eine Integration des Verfahrens in Drohnen könnte zudem eine neue Dimension der Datenerfassung und -analyse eröffnen und so bei der Lösung drängender Umweltfragen im Bereich Landwirtschaft helfen», skizziert Sebastian Kruss eine mögliche Weiterentwicklung der Technik. Die Ergebnisse wurde in der Fachzeitschrift Advanced Science veröffentlicht.

www.ruhr-uni-bochum.de

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