Eine «smarte» Sensoretikette misst die Temperatur und Luftfeuchtigkeit in Echtzeit. Damit können in Zukunft empfindliche Lieferungen wie etwa Medikamente oder Lebensmittel überwacht werden.
Empfindliche Lieferungen müssen während der gesamten Lieferkette in bestimmten Temperatur- und Feuchtigkeitsbereichen bleiben. Es ist jedoch kostspielig und nicht nachhaltig, einzelne Liefereinheiten mit silicium-basierten Sensoren und Chips auszustatten. Und Messungen an Knotenpunkten in der Lieferkette sagen nichts darüber aus, was einer Sendung auf dem Weg dorthin bereits widerfahren ist.
Forschende der Empa, EPFL und des CSEM haben jetzt eine Etikette entwickelt, die sich daran «erinnern» kann, wenn eine bestimmte Temperaturschwelle überschritten wurde. Dabei ist der kleine Aufkleber nicht nur silicium-frei, sondern auch vollständig biologisch abbaubar.
Leiterbahnen mit Gedächtnis
Die Etikette benötigt weder eine Batterie noch einen Sender und funktioniert ähnlich wie ein RFID-Chip. Sie enthält gedruckte Bahnen aus leitenden Materialien, die Stromkreise mit ohmschen und kapazitiven Elementen bilden. Werden diese Stromkreise einem elektromagnetischen Feld ausgesetzt, beispielsweise durch einen Etikettenleser, entsteht eine Resonanz, die vom Leser entziffert werden kann. Das Raffinierte daran: Je nach Umgebungstemperatur oder Luftfeuchtigkeit verändern sich die Leitfähigkeit und die Kapazität der einzelnen Stromkreise und somit auch ihre Resonanz. Diese Änderung gibt Auskunft über die aktuelle Temperatur und Feuchtigkeit – ohne komplizierte Messtechnik.
Wird zudem die Temperatur von 25° überschritten, schmilzt ein winziges Element in einer der Leiterbahnen, wodurch der Stromkreis irreparabel unterbrochen wird. Beim nächsten Ablesen zeigt die Etikette an: Diese Sendung war einmal zu warm. «Bei Impfungen könnte dies heissen, dass die Lieferung nicht mehr verwendet werden darf oder das Mindesthaltbarkeitsdatum ungültig ist», erklärt Gustav Nyström, Leiter des Forschungsprojektes.
Die Technologie entlastet die Lieferkette und reduziert ihren CO2-Fussabdruck: Potenziell beschädigte Waren werden so früher erkannt und müssen nicht weitergeschickt werden. Ist die Lieferung durch die Temperatureinwirkung lediglich weniger lang haltbar geworden, so kann sie etwa an einen näheren Einsatzort umgeleitet werden. «Je nach den Materialien, die wir verwenden, können wir die Temperaturschwelle auch anders setzen», ergänzt Nyström. Denkbar wären zum Beispiel Etiketten für tiefgefrorene Güter.
Biologisch abbaubar und nachhaltig
Die Vision der Forschenden ist, die Etikette am Zielort zu kompostieren oder dem Kartonrecycling zuzuführen. Für das Substrat wurde ein Material entwickelt, das aus einem Biopolymer und Cellulose-Fasern besteht. Um die Leiterbahnen zu drucken, wurde eine eigens entwickelte Tinte genutzt, die das biologisch resorbierbare Metall Zink enthält. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht. Zwei EPFL-Forschende sind nun daran, die Erkenntnisse aus «Greenspack» mit einem Start-up namens «Circelec» zu kommerzialisieren.