Nach sechseinhalb Jahren Bauzeit wurde Ende Februar am Kantonsspital Baden ein hochmodernes Klinikgebäude eröffnet. Durch die Vernetzung von Geräten, Systemen und Sensoren ermöglicht das Internet der Dinge dort eine viel effizientere Nutzung der Ressourcen. Herzstück der Analytik ist eine 33 Meter lange Laborstrasse.
Die Gesundheitsbranche verursacht 5 Prozent der globalen CO2-Emissionen. Das entspricht dem Ausstoss des fünftgrössten Landes. Ein starker Hebel zu mehr Nachhaltigkeit sind intelligente Spitäler, die mittels moderner Gebäudetechnik und neuer Digitalisierungslösungen den Ressourcenverbrauch so klein wie möglich halten. Im Zentrum: der aus einer Vielzahl an Daten gezogener Nutzen.
Mit dem 600-Millionen-Neubau «Agnes» ist in Baden eine der modernsten Krankenhausinfrastrukturen der Schweiz entstanden. Diese baut auf zahlreiche verbundene Datenströme auf und verfügt über ein digitales Navigationssystem. Über eine hauseigene App können Patientinnen und Patienten schnell und einfach Behandlungsräume, Cafés oder Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel auf dem Krankenhausgelände finden. Dies reduziert Wartezeiten und steigert die Effizienz der Behandlungsprozesse.
7000 IoT-Sensoren, 2000 Geräte
Die intelligente Krankenhausumgebung dient auch den Mitarbeitenden. Über 7000 IoT-Sensoren, die in eine digitale Plattform integriert sind, verbessern die Betriebsabläufe und optimieren den Aufenthalt von Patientinnen und Patienten.
Rückgrat ist die «Smart Hospital Platform» von Siemens, an die von der Infusionspumpe bis zum Ultraschallsystem insgesamt 2000 Geräte angeschlossen sind. Sogenannte «Asset-Tags» sind an medizinischen Geräten wie Krankenhausbetten oder Rollstühlen angebracht. Echtzeit-Ortungsdienste erleichtern dem Krankenhauspersonal das Auffinden dieser Gegenstände, was den Arbeitsaufwand reduziert und letztlich zu einer besseren Patientenversorgung beiträgt. Laut einer Studie von Frost & Sullivan verbringen Mitarbeitende in Spitälern ohne solche Systeme durchschnittlich 72 Minuten pro Schicht mit der Suche nach Geräten – wertvolle Zeit, die durch intelligente Technologien effektiver genutzt werden kann.
Dank dieses Systems können darüber hinaus Wartungs- und Unterhaltsarbeiten an mobilen Geräten besser geplant und durchgeführt werden, weil für die Fachleute jederzeit ersichtlich ist, wo sich die Geräte befinden. Ein Servicetechniker, der beispielsweise mit Revisionsarbeiten an Rollstühlen oder an mobilen Beatmungsgeräten beauftragt ist, hat somit die Gewissheit, dass er an seinem Einsatztag die betroffenen Geräte findet und lückenlos bearbeiten kann.
Intelligente Gebäudeautomation
Ein wichtiger Pfeiler der Digitalisierung ist die von Siemens Smart Infrastructure realisierte Gebäudeautomation. Eine umfassende Managementplattform («Desigo CC») steuert eine Vielzahl technischer Systeme und ermöglicht die Überwachung und Bedienung der HLK-Anlagen, der Sicherheits- und Brandschutzsysteme sowie des Energieverbrauchs. Mit Funktionen wie Alarmmanagement, Trendanalysen, Berichterstellung und flexibler Raumverwaltung optimiert die Software-Plattform den Krankenhausbetrieb und gewährleistet Produktivität, Energieeffizienz und – nicht zuletzt – Komfort.
So wird etwa das Raumklima mittels automatisierter Beschattung optimiert. Wetterstationen auf dem Dach erfassen den Sonnenstand und steuern die Sonnenschutzvorrichtungen entsprechend. Im Zusammenspiel sorgt eine Konstantlichtregelung dafür, dass die Beleuchtung automatisch an das Tageslicht angepasst wird.
Auch die Überwachung von Medizinalgasen und Kühlketten erfolgt smart: Ein zentrales Überwachungssystem kontrolliert permanent die Druckwerte von Medizinalgasen, um eine sichere Nutzung im Operationsbereich zu gewährleisten. Und Medikamentenkühlschränke sind mit Sensoren ausgestattet, die bei Temperaturabweichungen sofort Alarm schlagen.
Neben den Zutritts- und Sicherheitssystemen überwacht zudem ein Brandschutzsystem mit mehr als 7300 Meldern, 6500 Indikatoren und 9 Rauchansaugsystemen das Gebäude.
Wer denkt, dass ein derart durchdigitalisiertes Spital ein Risiko für Stromausfälle darstellt, wird vom Notstromkonzept überzeugt, wie Adrian Schmitter, Geschäftsführer des KSB, erklärt: «Unsere Diesel-Aggregate sind in der Lage, den Spitalbetrieb über 54 Tage aufrecht zu erhalten.»
Vollautomatische Laborstrasse
Im komplett autonom funktionierenden Gebäude sind auch hochmoderne Analysegeräte installiert. Neben den neusten Bildgebungsverfahren beeindruckt vor allem die Laborstrasse von Roche Diagnostics. 2200 Proben pro Stunde werden auf der 33 Meter langen Geräte-Ökosystem automatisiert bearbeitet. Dabei werden die Proben via Rohrpostsystem in den Ablauf eingespeist, bevor sie dann in das gekühlten Lager gehen. Was früher Stunden in Anspruch genommen hatte, erfolgt heute in Minuten.
Die miteinander kommunizierenden Laborgeräte sind während 24 Stunden in Betrieb. Sollte eine Probe im Trubel vergessen worden sein, ist das System in der Lage, dies selbständig nachzuholen – zum Beispiel in der Nacht, wo weniger Durchlauf herrscht.
Auch andere Spitäler nutzen bereits solche Systeme, doch dieses im Kantonsspital Baden soll am modernsten sein. Verbaut wurde eine Prä-Analytik-Strasse von Roche mit dem «Cobas 8100» für die Serum- und Plasmaanalysen, die dann auf dem «Cobas Pro» abgearbeitet werden (davon hat das KSB zwei Exemplare in Betrieb, jeweils mit ISE-, C- und E-Modul). Zudem steht ein «p501»-Kühlschrank im Einsatz. Die weiteren Vollautomaten stammen von Sysmex: Eine Hochdurchfluss-Flow-Zytometrie für die Blutbildanalysen und eine Kombination aus Teststreifengerät, Flowzytometer und digitalem Mikroskop für die Urinanalytik.
Luca Meister