Mit der von der Hochschule Luzern entwickelten Software «PinCH» können industrielle Prozesse energieeffizienter und wirtschaftlicher gestaltet werden. Die neuste Weiterentwicklung ermöglicht nun auch die Integration von Wärmespeichern mit offenem Kreislauf.
In industriellen Prozessen verursachen das Aufheizen und Abkühlen von Stoffen einen Grossteil des Energieverbrauchs und damit auch hohe Betriebskosten. Energieeffizienz und eine sichere, nachhaltige Energieversorgung sind zunehmend eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit. Die vom Bundesamt für Energie und der Hochschule Luzern entwickelte Software zur Durchführung von Pinch-Analysen wurde jetzt weiterentwickelt. Mit dem Upgrade «PinCH 4.0» stehen neue Möglichkeiten zur Integration von Wärmespeichern mit offenem Kreislauf zur Verfügung.
Batch-Verfahren optimieren
Die Haco AG in Gümligen (BE) produziert Lebensmittel wie Kaffeepulver, Bouillon und Tafelwürze. Über die Jahre hat ihr Bedarf an heissem Prozesswasser stetig zugenommen und variiert aufgrund der diskontinuierlichen Produktion im Verlauf eines Produktionstags. Mit Hilfe der Pinch-Analyse wurde ermittelt, dass der Einsatz von Heizdampf zur Prozesswasseraufbereitung mit einem offenen Speichersystem um über die Hälfte reduziert werden kann. Mit vergleichsweise geringem Aufwand wurden unterschiedliche Varianten und Szenarien berechnet und technisch-wirtschaftlich bewertet. «Damit haben wir die Gewissheit, die für unsere Bedürfnisse bestmögliche Lösung gefunden zu haben», bestätigt Stefan Gertsch, Projektleiter Technik bei Haco, den Nutzen der Analyse.
«Für diskontinuierliche Verfahren ist die Wärmerückgewinnung mit Speicherung die einzige Optimierungsstrategie», sagt Projektleiter Donald Olsen. Die Produktionszeitpläne seien oft unregelmässig oder der Anspruch an zeitliche Flexibilität so hoch, dass keine andere Methode infrage komme. «Wenn Prozessströme, wie zum Beispiel das Brauwasser in einer Brauerei oder das Prozesswasser bei Haco, unmittelbar als Speichermedium genutzt werden, lassen sich Wärmeübertrager und Zwischenkreisläufe einsparen», erklärt Olsen. «Ein solches Speichersystem mit offenem Kreislauf erhöht das Energiesparpotenzial, vereinfacht das System und senkt somit die Energie- und Investitionskosten», so der Projektleiter.
Integration von Wärmespeichern mit offenem Kreislauf
Die neueste Weiterentwicklung des Tools ermöglicht die systematische Integration solcher Wärmespeicher mit offenem Kreislauf. Mit der Software lässt sich systematisch und eindeutig bestimmen, welche Wärmequellen und Wärmesenken zu berücksichtigen sind, welche Speicherkapazitäten und Speichertemperaturen gewählt werden sollten und ob das Speichersystem wirtschaftlich umsetzbar ist.
BFE fördert Pinch-Analysen
Mit der Pinch-Analyse lässt sich systematisch aufzeigen, wie thermische Energieströme gekoppelt werden müssen, um eine hohe Energieeffizienz bei minimalen Gesamtkosten zu erreichen. Mit den entsprechenden Massnahmen sind in der Praxis Energieeinsparungen von bis zu 40 Prozent möglich. Die Pinch-Analyse dient aber nicht nur der Optimierung bestehender Anlagen, sie ist auch ein wertvolles Instrument bei der Planung neuer Produktions-, Energieversorgungs- und Infrastrukturanlagen.
Im Rahmen des Programms «EnergieSchweiz» fördert das BFE gezielt Aktivitäten im Bereich von Pinch-Analysen. Dazu gehört eine Beteiligung an den Kosten, die für die Durchführung einer Analyse in Schweizer Unternehmen anfallen. Ausserdem unterstützen das BFE und die HSLU Unternehmen und Ingenieurbüros rund um Pinch-Analysen mittels Beratungen, Schulungen oder Kursen.
Die jetzt mit neuen Features in der Version 4.0 vorliegende Software ermöglicht eine rasche Einarbeitung in die Pinch-Methode und ist kostengünstig in der Anwendung. Das Programm unterstützt die Optimierung von kontinuierlichen und diskontinuierlichen Prozessen unter Berücksichtigung aller relevanten Randbedingungen. Die einfache Änderung von Prozessdaten, die Kopplung mehrerer Prozesse und die Untersuchung verschiedener Szenarien ermöglichen umfassende Variantenstudien und Sensitivitätsanalysen. So begleitet «PinCH 4.0» die Energieoptimierung Schritt für Schritt, veranschaulicht den Ist-Zustand der Anlagen, zeigt die vorhandenen Einsparpotenziale und unterstützt die Erarbeitung von Massnahmen zur Effizienzsteigerung und Dekarbonisierung der Energieversorgung.