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Effizienz-Durchbruch bei Elektrolyseuren

Um unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern, muss die Welt auf erneuerbare Energiequellen wie Wind- und Solarenergie umsteigen. Ausserdem müssen wir diese Energie dorthin bringen, wo sie am meisten benötigt wird. Eine vielversprechende Methode zur Speicherung und zum Transport von Energie nutzt das häufigste Element im Universum: Wasserstoff. Ein Polymer-Elektrolyt-Membran-Elektrolyseur (PEM-Elektrolyseur) nutzt Strom, um Wasserstoffgas aus Wasser zu gewinnen. Mit Multiphysik-Simulation kann der Betrieb eines PEM-Elektrolyseurs modelliert werden. Die Verbesserung der Effizienz dieses Geräts könnte dazu beitragen, dass gespeicherter Wasserstoff eine brauchbare Alternative zu elektrischen Batterien und flüssigen fossilen Brennstoffen wird.
Abb. 1: Das Multitalent Wasserstoff lässt sich unter Einsatz verschiedener Energiequellen gewinnen, dient als Energiespeicher und -transportmedium, lässt sich stofflich nutzen und darüber hinaus vielfachen weiteren Anwendungen zuführen – «open end»! (Bild: Comsol)

Um unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern, muss die Welt auf erneuerbare Energiequellen wie Wind- und Solarenergie umsteigen. Ausserdem müssen wir diese Energie dorthin bringen, wo sie am meisten benötigt wird. Eine vielversprechende Methode zur Speicherung und zum Transport von Energie nutzt das häufigste Element im Universum: Wasserstoff. Ein Polymer-Elektrolyt-Membran-Elektrolyseur (PEM-Elektrolyseur) nutzt Strom, um Wasserstoffgas aus Wasser zu gewinnen. Mit Multiphysik-Simulation kann der Betrieb eines PEM-Elektrolyseurs modelliert werden. Die Verbesserung der Effizienz dieses Geräts könnte dazu beitragen, dass gespeicherter Wasserstoff eine brauchbare Alternative zu elektrischen Batterien und flüssigen fossilen Brennstoffen wird.

Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen trägt dazu bei, dass sich die Welt in Richtung einer weniger kohlenstoffintensiven Wirtschaft bewegt, aber Energiequellen wie Wind und Sonne bringen ihre eigenen Herausforderungen mit sich. Es kann schwierig sein, die Erzeugung von Wind- und Solarenergie mit der Nachfrage der Verbraucher in Einklang zu bringen. Darüber hinaus befinden sich die optimalen Standorte für Windturbinen und Solarmodule oft in abgelegenen Gebieten mit begrenzter Stromnetzkapazität. Diese Bedingungen machen eine verbesserte Energiespeicherung und -übertragung zu einer unverzichtbaren Ergänzung des Ausbaus der erneuerbaren Energieerzeugung (Abb. 1).

Elektrische Batterien sind ein bekanntes Mittel zur Energiespeicherung, aber der Abbau der in den Batterien verwendeten Metalle kann Umweltkosten verursachen, und die Entsorgung alter Batterien kann problematisch sein. Obwohl intensiv an der Verbesserung des Batteriedesigns geforscht wird, sind angesichts des enormen zukünftigen Bedarfs an Energiespeichern auch andere Ansätze erforderlich.

Das Potenzial der wasserstoffbasierten Energiespeicherung

Ein auf Wasserstoff-Elektrolyse basierendes Energiespeichersystem könnte dazu beitragen, die Herausforderungen der dezentralen Wind- und Solarstromerzeugung zu bewältigen. Stromerzeugungsanlagen können Strom an Elektrolyseure vor Ort liefern, die damit Wasserstoff aus Wasser gewinnen. Der Wasserstoff wird dann aufgefangen, gespeichert und in Tanks oder über Pipelines dorthin transportiert, wo er benötigt wird. Elektrolytischer Wasserstoff wird auch für industrielle Anwendungen benötigt, z. B. für die Herstellung von «grünem Stahl».

Obwohl sich dieser Ansatz in Versuchen als vielversprechend erwiesen hat, hat sich die Versorgungswirtschaft noch nicht im grossen Stil für die Wasserstoff-Elektrolyse entschieden. Ein abschreckendes Hindernis sind die Kosten für die Herstellung der Elektrolyseure.

Wasserstoff aus Wasser mit PEM-Elektrolyseuren

In einer PEM-Elektrolysezelle sind zwei Elektrodenkammern durch eine Polymermembran voneinander getrennt. Durch die Anodenseite fliesst flüssiges Wasser. Durch die elektrolytische Aktivität spaltet sich ein Teil der Wassermoleküle in Sauerstoff- und Wasserstoffgas; dieses strömt durch die Membran und sammelt sich auf der Kathodenseite (Abb. 2).

Abb. 2: Die Mechanismen eines Elektrolyseurs. (Bild: Davidlfritz — Photoshop. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0, über Wikimedia Commons)

Diese Elektrolysemethode bietet wichtige Vorteile, wie im Bericht «Compendium of Hydrogen Energy» aus dem Jahr 2015 beschrieben. Im Vergleich zu anderen Elektrolyseurtypen sind PEM-Elektrolyseure

  • kompakt
  • flexibel
  • einfach zu handhaben
  • tolerant gegenüber schwankenden elektrischen Lasten
  • fähig, unter hohem Druck zu arbeiten

Trotz ihrer vielversprechenden Eigenschaften haben sich PEM-Elektrolyseure vor allem wegen der hohen Anschaffungskosten noch nicht durchgesetzt. Für die katalytische Wirkung wird auf der Anodenseite Iridium und auf der Kathodenseite Platin benötigt. Obwohl die benötigten Mengen im Vergleich zu den in Batterien verwendeten Metallen sehr gering sind, gehören Iridium und Platin zu den seltensten Metallen der Erde. Wegen ihrer hohen Kosten ist die PEM-Elektrolyse noch nicht wirtschaftlich. Insbesondere Iridium ist sowohl teuer als auch alterungsanfällig. Daher ist die Verbesserung der Haltbarkeit und des Umwandlungswirkungsgrades der anodenseitigen Iridiumschicht ein wichtiger Schwerpunkt der Forschung an PEM-Elektrolyseuren.

Simulation zur Maximierung des Wirkungsgrads

In PEM-Elektrolyseuren ist die genaue Modellierung der Zweiphasenströmung des flüssigen Wassers und des entstehenden Gases von entscheidender Bedeutung. Zu diesem Zweck wird eine Kombination aus Laminarströmungsmodellen und porösen Medien verwendet, um die Wasserzufuhr zur Anodenseite zu simulieren, wo das Sauerstoffgas gebildet wird. Das Verständnis der Wechselwirkungen zwischen gasförmiger und flüssiger Phase und deren effiziente Trennung ist entscheidend für die Leistungssteigerung von Elektrolyseuren und kann bei der Untersuchung des Iridium-aktivierten elektrolytischen Effekts helfen (Abb. 3).

Abb. 3: Modellgeometrie für den PEM-Elektrolyseur. (Bild: Comsol)

Die Modellierung in der Simulationssoftware Comsol Multiphysics beruht auf numerischer Strömungsmechanik (Computational Fluid Dynamics, kurz: CFD) und verwendet das Mischungsmodell zur Simulation der Zweiphasendynamik. Dabei wird das flüssige Wasser als kontinuierliche Phase und die Sauerstoffblasen als disperse Phase behandelt. Dies ermöglicht eine detaillierte Darstellung der Strömungsdynamik und der Phasenwechselwirkungen entlang der porösen Gasdiffusionselektroden, die die Elektrodenoberfläche effektiv vergrössern und eine entscheidende Rolle bei der Dynamik der Gasbildung spielen.

Die Simulation steht vor der Herausforderung, die Bildung und Bewegung von Gasblasen in der flüssigen Phase genau zu erfassen, was für die Effizienz des Prozesses kritisch ist. Dieser Simulationsansatz modelliert die No-Slip-Bedingung an den Kanalwänden und integriert Gravitationseffekte, um die realen Bedingungen im Elektrolyseur widerzuspiegeln.

Die Simulationsergebnisse zeigen, dass am Ende der Elektrodenströmungskanäle, nahe der Mitte der Apparatur, der Gasvolumenanteil nahezu 100 % beträgt. Gleichzeitig wird im Kanal ganz rechts deutlich weniger Gas umgesetzt. Alles flüssige Wasser, das die Apparatur verlässt, muss oxidiert worden sein, um Protonen freizusetzen, die für die Reduktion auf der Kathodenseite des Elektrolyseurs zur Verfügung stehen. Umgekehrt hat das Iridium in der grossen «roten Zone» nur eine sehr geringe Wirkung, da in diesen Kanälen fast kein flüssiges Wasser mehr zu oxidieren ist (Abb. 4). Dies weist auf die Möglichkeit hin, die Geometrie des Elektrolyseurs neu zu gestalten, um eine effizientere Nutzung des Katalysatormaterials zu erreichen.

Abb. 4: Verteilung von flüssigem Wasser (blau) und entstehendem Sauerstoffgas (rot) während des Betriebs eines PEM-Elektrolyseurs. (Bild: Comsol)

Eine verbesserte Modellierung der Zweiphasenströmung liefert wichtige Erkenntnisse für die optimale Auslegung der Elektrolyseurarchitektur. Durch Anpassung der Kanalgeometrien kann die Effizienz durch Optimierung der Verteilung des flüssigen Wassers und der Gasabführung gesteigert werden. Dies führt zu einer höheren Gesamteffizienz und Wirtschaftlichkeit der Wasserstoffproduktion durch PEM-Elektrolyse.

Phillip Oberdorfer

Comsol Multiphysics GmbH
CH-8005 Zürich
info-ch@comsol.com
www.comsol.ch

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