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Die Effizienz von Photochemie beeinflussen

Forschende der Universität Basel zeigen, wie sich die Energieeffizienz von photochemischen Reaktionen um das Zehnfache steigern liesse. Nachhaltigere und kostengünstigere Anwendungen rücken damit in greifbare Nähe.
Durch Licht erzeugte Radikale können ihre Reaktivität erst entfalten, sobald sie aus einer Art «Käfig» ausbrechen, den das Lösungsmittel um sie herum bildet. (Illustration: Universität Basel, Jo Richers)

Forschende der Universität Basel zeigen, wie sich die Energieeffizienz von photochemischen Reaktionen um das Zehnfache steigern liesse. Nachhaltigere und kostengünstigere Anwendungen rücken damit in greifbare Nähe.

Die herkömmliche Produktion von Medikamenten, Kunststoffen oder Düngemittel braucht Hitze für die chemischen Reaktionen. Diese erfolgen im industriellen Rahmen meist in mehreren Etappen über verschiedene Zwischenprodukte. Bei der Photochemie liefert hingegen Licht die Energie – und der Weg zum gewünschten Produkt erfordert oft weniger Zwischenschritte. Zudem erlaubt es die Photochemie, mit weniger gefährlichen Substanzen als in der herkömmlichen Chemie zu arbeiten: Mit Licht lassen sich Substanzen zur Reaktion bringen, die unter Hitze nicht gut reagieren können. Dennoch gibt es bis jetzt nicht viele industrielle Anwendungen von Photochemie, unter anderem weil die Energiezufuhr mit Licht oft ineffizient ist oder unerwünschte Nebenprodukte entstehen.

Die Forschungsgruppe von Prof. Dr. Oliver Wenger beschreibt in der Fachzeitschrift Nature Chemistry ein grundlegendes Prinzip, das die Energieeffizienz von Photochemie unerwartet stark beeinflusst und die Geschwindigkeit von photochemischen Reaktionen erhöhen kann.

Bei einer solchen Reaktion befinden sich die Ausgangs-Moleküle in einer flüssigen Lösung. Erhalten sie Energie in Form von Licht, können sie miteinander Elektronen austauschen und sogenannte Radikale bilden. Diese extrem reaktionsfreudigen Moleküle entstehen immer paarweise und bleiben dabei umgeben vom Lösungsmittel, welches die Radikalpaare umschliesst wie eine Art Käfig. Damit die Radikale zu den gewünschten Zielprodukten weiterreagieren können, müssen sie aus diesem Käfig «ausbrechen» und ausserhalb davon einen Reaktionspartner finden. Die Forschenden um Wenger und seine Postdoktorandin Dr. Cui Wang haben dieses Ausbrechen als entscheidenden Schritt identifiziert, der die Energieeffizienz und die Geschwindigkeit von photochemischen Reaktionen begrenzt.

Radikale büxen aus

Solange die Radikale paarweise im Lösungsmittelkäfig verbleiben, können sie miteinander spontan zu den Ausgangsstoffen zurückreagieren. Diese Rückreaktion verschwendet Energie, weil sie das bereits aufgenommene Licht nur dazu braucht, um wieder zum Startpunkt zu gelangen. Die Basler Forschungsgruppe konnte diese Rückreaktion verlangsamen und damit den Radikalen mehr Zeit geben, den Käfig zu verlassen. Je langsamer die ungewollte Rückreaktion wurde, desto mehr Radikale konnten ausbrechen, und desto energieeffizienter und schneller entstanden die gewünschten Zielprodukte.

Für ihre Studie verwendete Cui Wang, die mittlerweile eine Juniorprofessur an der Universität Osnabrück (D) innehat, zwei bestimmte Farbstoffe: Beide nehmen Licht auf und speichern dessen Energie für eine kurze Zeit, bevor sie es zur Bildung von Radikalpaaren verwenden. Einer der beiden untersuchten Farbstoffe konnte jedoch deutlich mehr Energie speichern und auf die Radikale übertragen als der andere. Aufgrund der zusätzlichen Energie konnten die Radikale den Lösungsmittelkäfig bis zu zehnmal effizienter verlassen. In der Folge entstanden auch die Zielprodukte mit bis zu zehnmal höherer Energieeffizienz. «Dieser direkte Zusammenhang zwischen dem Ausbrechen der Radikale aus dem Lösungsmittelkäfig und der effizienteren Bildung der Zielprodukte ist erstaunlich klar», sagte Cui Wang.

Farbstoffe sind entscheidend

Die entscheidende Erkenntnis: Einzelne Farbstoffe können pro aufgenommener Lichtmenge mehr Radikale freisetzen als andere. «Über die Wahl des Farbstoffs lässt sich also die Energieeffizienz von photochemischen Reaktionen steigern», betont Oliver Wenger. Die Energieeffizienz sei wiederum ein mitentscheidendes Kriterium für die industrielle Verwendung von Photochemie.

www.unibas.ch

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