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Chloraminiertes Trinkwasser – unbekannte Verbindung identifiziert

Es dauerte mehr als 40 Jahre, um den Abbau anorganischer Chloramin-Desinfektionsmittel in US-amerikanischen Trinkwassersystemen zu verstehen. (Bild: Envato)

Seit den 1980er-Jahren ist bekannt, dass sich in chloraminiertem Trinkwasser eine mysteriöse Verunreinigung bildet – doch erst jetzt konnte eine Schweiz-Amerikanisches Forschungsgruppe das unbekannte Abbauprodukt in Trinkwasseranlagen in den USA identifizieren.

Anorganische Chloramine werden häufig zur Desinfektion von Trinkwasser eingesetzt, um die öffentliche Gesundheit vor Krankheiten wie Cholera und Typhus zu schützen. Schätzungen zufolge trinken allein in den USA mehr als 113 Millionen Menschen chloraminiertes Wasser.

Die Forschenden haben das Chlornitramid-Anion (Cl–N–NO2) als Endprodukt der Zersetzung von anorganischem Chloramin identifiziert. Derzeit ist nicht bekannt, ob und wie giftig das Chlornitramid-Anion ist. Seine Verbreitung und Ähnlichkeit mit anderen toxischen Verbindungen gibt aber Anlass zur Sorge. Es brauche jetzt weitere Untersuchungen, um das Risiko für die öffentliche Gesundheit zu bewerten.

Allein die Identifizierung der Substanz sei ein Durchbruch, schreiben die Autoren in ihrer in der Fachzeitschrift Science veröffentlichten Studie. Es handle sich um eine sehr stabile Chemikalie mit einem niedrigen Molekulargewicht, die sehr schwer zu finden sei.

«Chloraminiertes Trinkwasser ist in Nordamerika weit verbreitet, aber in der Schweiz wird Chloraminierung nicht wirklich praktiziert, und in Schweizer Gewässern gibt es kein Chlornitramid-Anion», sagt Laszakovits. McNeill ergänzt: «Das erlaubte es uns, Schweizer Leitungswasser als Kontrolle in der Studie zu verwenden.»

Die aktuelle Studie konzentrierte sich auf Wassersysteme in den USA. Allerdings verwenden auch Italien, Frankreich, Kanada und andere Länder Chloraminierung und könnten laut McNeill ebenfalls betroffen sein.

Es ist allgemein bekannt, dass bei der Desinfektion von Trinkwasser eine gewisse Toxizität entsteht. Es handelt sich dabei um eine chronische Toxizität. Eine bestimmte Anzahl von Menschen kann durch das Trinken von Wasser über mehrere Jahrzehnte an Krebs erkranken. Bislang wurde jedoch nicht herausgefunden, welche Chemikalien diese Toxizität verursachen. Ob das Chlornitramid-Anion mit Krebserkrankungen in Verbindung steht oder ob es andere Gesundheitsrisiken birgt, werden Forschende und Aufsichtsbehörden nun untersuchen.

https://ethz.ch

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