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Leuchtende Zellprozesse sichtbar machen

Beim Abbilden niedriger Proteinmengen in lebenden Zellen übertrifft die Biolumineszenz (blau) die Fluoreszenz (grün) deutlich. (Bild: Ruyu Ma, Helmholtz Munich)

Ein neuartiges Mikroskop basiert auf einer hochempfindlichen Kameratechnologie, die extrem schwache Lichtsignale erkennen kann. Mit höherer Bildauflösung, einem grösseren Sichtfeld und der Kompatibilität mit verschiedenen Bildgebungsverfahren eröffnet es neue Möglichkeiten, lebende Systeme detaillierter und über längere Zeiträume hinweg zu untersuchen.

Biolumineszenz – die durch bestimmte Enzyme in lebenden Zellen erzeugte Lichtemission – ist ein vielseitiges Werkzeug in den Lebenswissenschaften. Im Gegensatz zur Fluoreszenzbildgebung, die auf starke externe Beleuchtung angewiesen ist und dadurch Zellverhalten beeinflussen oder feine Signale überdecken kann, bietet Biolumineszenz eine schonendere Alternative für Langzeitbeobachtungen. Der Hauptnachteil besteht jedoch in der äusserst geringen Lichtintensität, die eine hochauflösende Bildgebung bislang technisch limitiert hat.

Teleskop-inspiriertes Design, empfindlicher Sensor

Um diese Einschränkung zu überwinden, untersuchten Forschende um Dr. Jian Cui (Helmholtz Munich, TU München) den Einsatz von Quanten-Bildsensoren (Quanta Image Sensors: QIS) – einer neuen Kameratechnologie, die sich in lichtarmen Bedingungen den bislang gängigen EMCCD-Kameras als vorteilhaft erwies. Um das volle Potenzial dieser Sensoren auszuschöpfen, entwickelten die Forschenden ein massgeschneidertes optisches System, das sich an der Konstruktion von Teleskopen orientiert. So entstand das «QIScope», ein unkonventionelles optisches System, das Merkmale von Teleskop und Mikroskop vereint. «Um die Fähigkeiten des Sensors voll auszuschöpfen, haben wir uns vom optischen Aufbau von Teleskopen inspirieren lassen», erklärt Ruyu Ma, Erstautor der Studie und Doktorand am Helmholtz Pioneer Campus. «Durch die Kombination dieses Konzepts mit der QIS-Kamera konnten wir ein System entwickeln, das zelluläre Prozesse mit einer Klarheit und Empfindlichkeit sichtbar macht, die mit bisherigen Systemen nicht erreichbar war.»

Feinste Veränderungen sichtbar

Das Forschenden demonstrierten, dass QIScope feinste Dynamiken in lebenden Zellen über längere Zeiträume hinweg erfassen kann – etwa die Bewegung von Vesikeln oder das Verhalten von Proteinen in sehr geringer Konzentration. «Unser Mikroskop bietet höhere Empfindlichkeit, verbesserte Auflösung, ein grösseres Sichtfeld und einen höheren Dynamikbereich – alles Eigenschaften, die für anspruchsvolle Live-Cell-Imaging-Experimente essenziell sind», sagt Studienleiter Jian Cui. Darüber hinaus werden auch weitere Bildgebungsverfahren integriert, etwa Epifluoreszenz und prinzipiell auch Phasenkontrast. Damit eröffnen sich neue Möglichkeiten, lebende Systeme mit minimaler Störung zu beobachten – eine Grundvoraussetzung für das Verständnis komplexer biologischer Prozesse.»

QIScope überwindet zentrale Einschränkungen der herkömmlichen biolumineszenten Bildgebung und kann für die Untersuchung unterschiedlichster biologischer Systeme eingesetzt werden, von Einzelzellen bis hin zu Organoiden und Gewebemodellen. Die Fähigkeit, subtile und langfristige Veränderungen im Zellverhalten sichtbar zu machen, könnte Fortschritte in vielen Forschungsfeldern fördern, zum Beispiel in der Zellbiologie oder der Wirkstoffentwicklung.

www.tum.de
www.helmholtz-munich.de

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