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Chemie- und Pharmaberufe Verbandes

150 Jahre Chemie-Ausbildung

Chemie «live»: Show mit Marc Bornand der Fachgruppe «Grundlagenchemie». (Bild: ZHAW)

Was 1875 als «Schule für Chemiker» seinen Anfang nahm, hat sich in den vergangenen eineinhalb Jahrhunderten stets weiterentwickelt und ist heute am Departement Life Sciences und Facility Management der ZHAW ein modernes Ausbildungs- und Forschungszentrum. Dies zeigte sich am Jubiläumsanlass in Wädenswil.

Das ZHAW-Institut für Chemie und Biotechnologie (ICBT) hatte am 4. Juni im Rahmen des «16th Wädenswil Day of Life Sciences» zur Jubiläumsveranstaltung «150 Jahre Chemie an der ZHAW» eingeladen. Urs Hilber, Direktor des Departements Life Sciences und Facility Management, durfte zusammen mit dem Institutsleiter Christian Hinderling rund 150 Teilnehmende aus der Schweiz und aus dem Ausland begrüssen.

10 Projektpräsentationen: von Wirkstoffen …

Gefeiert wurde das Jubiläum der Chemie-Ausbildung. Der Vormittag gehörte jedoch der aktuellen Forschung, denn diese hat eine starke Wirkung auf die Lehre und macht das Studium attraktiv. 10 Fachgruppen des ICBT zeigten ihre Projekte. Ein Schwerpunkt des Instituts liegt auf der Entdeckung und Entwicklung neuer Arzneistoffe bzw. deren Verabreichung. So ging es in der Präsentation der Fachgruppe «Organische Chemie und Medizinalchemie» um einen Wirkstoff zur Behandlung von Hautleishmaniose, der in Wädenswil mitentwickelt wurde und sich nun in klinischen Studien befindet. Die Fachgruppe Molekularbiologie und Biochemie stellte ihre Forschung zu Bakteriophagen-Proteinen als neuartige antimikrobielle Wirkstoffe vor. Das Referat der Fachgruppe Pharmazeutische Technologie und Pharmakologie berichtete über ein Projekt mit extrazellulären Vesikeln, mit denen antimikrobielle Wirkstoffe in Zellen geschleust werden sollen. Denn ein Problem bei bakteriellen Infektionen ist auch, dass sich Bakterien in Zellen «verstecken».

Impression der Jubiläumsveranstaltung auf dem Campus Reidbach in Wädenswil. (Bild: ZHAW)

Ohne eine gute Diagnostik ist keine gute Therapie möglich. Die Fachgruppe «Medizinische Mikro- und Molekularbiologie» präsentierte ihre Forschung, um Systeme zu entwickeln für die Kandidaten-Auswahl in neuen Schnelltests und Point-of-Care-Applikationen. Spezieller Fokus liegt dabei auf Wurminfektionen. Die Fachgruppe 3-D-Gewebe und Biofabrication stellte ihre Arbeiten vor, in denen sie funktionale 3-D-Modelle von gesundem Gewebe wie Muskeln herstellen, aber auch von Tumoren. Die erstgenannten sind interessant für Tests von Arzneistoffen, die zweitgenannten für die personalisierte Krebs-Therapie.

… über Kaffeearomen bis zu Biogas

Das Feld der Chemie ist breit. Dies zeigte sich in den Präsentationen sehr deutlich. So arbeitet die Fachgruppe «Analytical Technologies» daran, dem Geheimnis des Kaffeearomas auf die Spur zu kommen, das heisst die Moleküle zu identifizieren, die für das typische Kaffeearoma zuständig sind. Die Fachgruppe «Industrielle Chemie» stellte ein Projekt zu natürlichen Pflanzenfarbstoffen aus Madagaskar vor, in dem erfolgreich gefärbte Strickwaren in den Farben Grün, Gelb und Orange hergestellt werden konnten.

In der Präsentation der Fachgruppe «Polymerchemie» ging es um «Pore Condensation and Freezing», einer speziellen Form der Kristallisation, die auch in Wolken vorkommt. Dabei kristallisiert das Wasser in Nanoporen von Teilchen wie Staub. Die Fachgruppe «Umweltbiotechnologie und Bioenergie» stellte ihre Forschung zu Biogas und Bioraffinerien vor. Biogas soll nicht nur effizienter produziert werden, sondern auch zur Herstellung unterschiedlicher Produkte dienen. Denn Biogas ist viel mehr als nur Energie. Den Abschluss des Vormittags bildete die Fachgruppe «Zellkulturtechnik». Das Referat fokussierte auf Single-Use-Technologien und ihre vielfältigen Anwendungen bei der Kultivierung von Zellen und der Herstellung therapeutischer Proteine.

Bildungsstätte für «mittlere Techniker»

Bevor es am Nachmittag auf verschiedene Führungen durch Labore des Instituts ging, wurde das Publikum auf eine Zeitreise mitgenommen. Matthias Wiesmann, Wirtschaftshistoriker und Autor der Festschrift zum Jubiläum, pickte einige Highlights aus den letzten 150 Jahren heraus. Mitte des 19. Jahrhunderts suchten Industriebereiche wie die chemische Industrie, die sich rasant in der Schweiz entwickelte, nach Bildungsstätten für «mittlere» Techniker, also für gut ausgebildete Fachkräfte mit Führungspotenzial. So entstanden in der Schweiz diverse Technika.

Thomas Meier, CEO der Bachem AG und Absolvent des Chemiestudiums noch am Technikum in Winterthur, und Regula Jöhl, ZHAW-Rektorin und promovierte Biotechnologin, bei ihren Ansprachen. (Bild: ZHAW)

Den Anfang machte 1874 das Technikum in Winterthur, wo im Folgejahr auch eine Schule für Chemiker ihren Betrieb aufnahm. Über die Jahre wuchs die Schule, die ersten Frauen schlossen ab, neue Gebäude wurden nötig. Ende des 20. Jahrhunderts folgten dann grosse bildungspolitische Umwälzungen. Das Technikum in Winterthur wurde Teil einer Fachhochschule, die mit angewandter Forschung einen erweiterten Leistungsauftrag bekam. Der Fachbereich Chemie blieb jedoch nicht in Winterthur, sondern wurde in Wädenswil in ein neues Kompetenzzentrum Life Sciences der entstehenden ZHAW integriert. 2006 startete dort der erste Jahrgang sein Chemiestudium.

Bachem-CEO und Chemieshow

Den Abschluss des Tages bildeten Festansprachen von Thomas Meier, CEO der Bachem AG, Vorstandsmitglied von Scienceindustries und Absolvent des Chemiestudium noch am Technikum in Winterthur, sowie von Regula Jöhl, ZHAW-Rektorin und promovierte Biotechnologin. Fulminanter Schlusspunkt des Tages war dann die Chemieshow mit Marc Bornand der Fachgruppe «Grundlagenchemie» und viel Feuer und einem Knall.

www.zhaw.ch

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