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Atmosphären-Photochemie erhöht Toxizität von Autoabgasen

Autoabgase werden in der Atmosphäre durch Hydroxylradikale und Ozon aus der Photochemie zu sekundärem Feinstaub umgewandelt. (Grafik: Universität Rostock, Hendryk Czech)

Moderne «EURO 6d»-Partikelfilter reduzieren zwar die direkten Feinstaubemissionen von Fahrzeugen deutlich, können jedoch die Bildung von sekundärem Feinstaub in der Atmosphäre nicht verhindern – ein Faktor, der erhebliche gesundheitliche Risiken birgt.

Schon heute sind Feinstaub, Ozon und Stickstoffdioxid als Hauptverursacher luftverschmutzungsbedingter Gesundheitsgefahren anerkannt. Moderne Benzinfahrzeuge mit Direkteinspritzung und Partikelfilter erreichen in Abgasmessungen auf Rollenprüfständen Filtereffizienzen von über 90 Prozent. Dennoch können flüchtige organische Kohlenwasserstoffe und Stickoxide durch photochemische Reaktionen zu sekundärem Feinstaub umgewandelt werden.

In der Studie wurden menschliche Lungenzellen (A549-Alveolar- und BEAS-2B-Bronchialepithelzellen) sowohl direkten Abgasen als auch im Labor photochemisch gealterten Abgasen eines EURO 6d-Fahrzeugs mit Partikelfilter ausgesetzt. Während frische Abgase kaum eine messbare Partikelkonzentration und keine toxischen Effekte zeigten, erzeugte die Photochemie der Atmosphäre («atmosphärische Alterung») reaktive Sauerstoffverbindungen wie Hydroxylradikale (OH·) und Ozon (O3), welche die Abgase oxidierten und sekundären Feinstaub bildeten. Dieser übertrifft die Konzentrationen im direkten Abgas um ein Vielfaches und löst sowohl DNA-Schäden als auch oxidative Zellschädigung aus.

«Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass Partikelfilter allein nicht ausreichen, um Gesundheitseffekte von Verkehrsemissionen zu minimieren», erklärt Dr. Mathilde N. Delaval, Helmholtz Zentrum München. Die atmosphärische Alterung von Abgasen kann toxikologisch relevante Prozesse hervorrufen – vergleichbar mit bekannten Reaktionen wie der Umwandlung von Stickstoffmonoxid zu Stickstoffdioxid oder der Ozonbildung durch photochemischen Abbau flüchtiger organischer Verbindungen. Die Forschenden empfehlen, bei künftigen Emissionsprüfungen nicht nur die primären Partikel, sondern auch die Abgaszusammensetzung, insbesondere aromatischer Kohlenwasserstoffe, detailliert zu analysieren. Diese Stoffe sind massgeblich an der Bildung von sekundärem Feinstaub beteiligt. «Es gibt eine klare Diskrepanz zwischen der Art und Weise, wie wir Fahrzeugemissionen im Labor messen, und dem Verhalten dieser Emissionen in der realen Welt», sagt Zweitautor Dr. Hendryk Czech, Universität Rostock und Helmholtz-Zentrum München. «Wenn wir ignorieren, was mit den Abgasen passiert, nachdem sie in die Atmosphäre gelangt sind, laufen wir Gefahr, die wahren gesundheitlichen Auswirkungen der verkehrsbedingten Luftverschmutzung zu unterschätzen.»

www.uni-rostock.de

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