Lachgas (N₂O) ist ein Treibhausgas, das zu einem grossen Teil aus der Landwirtschaft stammt und bis zu 300-mal stärker klimawirksam ist als Kohlenstoffdioxid (CO₂). Forschende des Leibniz-Zentrum für
Agrarlandschaftsforschung (ZALF) haben in einem Feldversuch gezeigt, dass eine einmalige Düngung mit amorphem Silikat dafür sorgt, dass Stickstoffdünger im Boden effizienter aufgenommen werden.
Das klimawirksame Lachgas (N2O) entsteht im Boden vor allem durch Mikroorganismen, die unter bestimmten Bedingungen überschüssigen Stickstoff in Lachgas umwandeln. «Wir wissen bereits, dass amorphes Silikat die Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen im Boden erhöht. Dazu kommt, dass die Pflanzen über ein verbessertes Wachstum insgesamt mehr Stickstoff aufnehmen können. Dadurch bleibt weniger überschüssiger Stickstoff für die Mikroorganismen übrig, die Lachgas freisetzen», erklärt Prof. Jörg Schaller, Leiter der Arbeitsgruppe Silizium-Biogeochemie am ZALF.
Im Boden kann amorphes Silikat grosse Mengen Wasser speichern und dabei Kieselsäure freisetzen, die Pflanzen direkt aufnehmen können. Damit unterscheidet es sich von anderen Siliziumverbindungen wie Sand oder Gesteinen, die zwar reichlich im Boden vorkommen, für Pflanzen aber kaum verfügbar sind. In landwirtschaftlich genutzten Böden ist amorphes Silikat oft knapp, da es von Ackerkulturen in deren Gewebe eingelagert und mit der Ernte vom Feld entfernt wird. Über Jahrzehnte der landwirtschaftlichen Nutzung schrumpfen so die Vorräte im Boden. Dass dies auch die Lachgasemissionen beeinflussen könnte, zeigt die aktuelle Untersuchung.
Feldversuch in Deutschland
Auf der Versuchsfläche in Brandenburg (D) brachten die Forschenden 2020 einmalig amorphes Silikat aus, um die natürlichen Vorräte wieder auf das Niveau vor der landwirtschaftlichen Nutzung anzuheben. Kontrollparzellen ohne diese Düngung dienten als Vergleich. Mittels eigens angefertigten Messkammern erfassten die Forschenden die Lachgasemissionen räumlich genau und analysieren, wie sich die behandelten und unbehandelten Flächen voneinander unterscheiden. Zudem analysierten sie die Bodenfeuchte, Temperatur und Nährstoffgehalte auf den Versuchsflächen und untersuchten die Wirkung von amorphem Silikat auf den Boden und die Pflanzenentwicklung.
Im Feldversuch stellten die Forschenden weitere positive Aspekte der Düngung mit amorphem Silikat fest, die sie in verschiedenen Publikationen beschrieben haben:
- Bessere Nährstoffverfügbarkeit: Der wichtige Pflanzennährstoff Phosphor wird in Böden mit amorphem Silikat weniger stark an Bodenpartikel gebunden und steht den Pflanzen besser zur Verfügung. Link zur Meldung
- Optimierte Wasserspeicherung: Amorphes Silikat bindet Wassermoleküle und sorgt dafür, dass Wasser länger in den oberen Bodenschichten verfügbar bleibt. Link zur Meldung
- Höhere Erträge: Weizenkulturen zeigten nach der Düngung mit amorphem Silikat deutliche Ertragssteigerungen. Link zur Meldung
- Stärkeres Bodenmikrobiom: Nach der Düngung mit amorphem Silikat wurden im Boden mehr nützliche Mikroorganismen gefunden, die wichtige Funktionen für das Ökosystem einnehmen. Link zur Meldung
- Weniger Schädlingsbefall: Pflanzen mit höheren Siliziumeinlagerungen waren widerstandsfähiger gegen Pilz- und Insektenbefall. Link zur Meldung
Lachgasemissionen in der Schweiz
57 Prozent der Lachgasemissionen in der Schweiz sind auf die Landwirtschaft zurückzuführen. Hauptsächlich verantwortlich ist der Einsatz von Stickstoffdüngern auf Nutzflächen. Etwa 60 Prozent der Emissionen stammen direkt aus den genutzten Böden. Rund 20 Prozent erfolgen indirekt, indem Ammoniak aus der Landwirtschaft z. B. im Wald deponiert wird und dort zu Lachgasemissionen führen kann. Die übrigen Emissionen stammen aus der Lagerung von Hofdünger, hauptsächlich aus der Lagerung von Mist.
Durch die mikrobielle Umwandlung (Nitrifikation, Denitrifikation) entsteht im Oberboden aus Stickstoffverbindungen das klimaschädigende Lachgas. Relevant ist dies sowohl für landwirtschaftliche Böden, in denen aufgrund der Düngung stickstoffhaltige Verbindungen vorhanden sind, als auch für nichtlandwirtschaftliche Ökosysteme, die aus der Luft zu viel Stickstoff erhalten. Faktoren wie Klima, Temperatur, Eigenschaften des Bodens und die Düngetechniken bestimmen die Höhe der verursachten Emissionen.
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Amorphes Silikat breiter einsetzen
Weitere Langzeitstudien sind notwendig, um die Wirkung von amorphem Silikat auf verschiedene Böden, Kulturen und Klimabedingungen zu untersuchen. Andere Forschungseinrichtungen führen derzeit ähnliche Untersuchungen durch – die nötig sind, um Handlungsempfehlungen für die Landwirtschaft zu entwickeln. Auch die Entwicklung marktfähiger Produkte steht noch aus.
«Wir haben in den letzten Jahren durch unsere Untersuchungen zeigen können, dass amorphes Silikat die Möglichkeit bietet, Böden widerstandsfähiger zu machen, Pflanzenwachstum zu fördern und gleichzeitig klimaschädliche Emissionen zu reduzieren. Es könnte ein wichtiger Baustein für eine nachhaltigere Landwirtschaft der Zukunft sein», fasst Jörg Schaller zusammen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Frontiers in Environmental Science veröffentlicht.