Steigende Unfruchtbarkeitsraten und hohe Kosten von invasiven In-vitro-Fertilisationen haben drei Schweizer Partner zur Lösungsfindung motiviert: Die beiden Start-ups Impli und Yalosys sowie das CSEM entwickeln einen implantierbaren Biosensor für die Echtzeitüberwachung von Fruchtbarkeitshormonen, der 2025 für klinische Tests bereit sein soll.
Seit der Geburt des ersten durch In-vitro-Fertilisation (IVF) erzeugten Babys 1978 wurden über 9 Millionen Babys mit Hilfe von Assistierter Reproduktionstechnologie (ART) wie IVF geboren. Der Weg zu einer erfolgreichen Schwangerschaft kann jedoch beschwerlich sein und mehrere Versuche erfordern. Derzeit hat eines von sechs Paaren Schwierigkeiten, Nachwuchs zu bekommen. Besonders betroffen sind Frauen im Alter von 20 bis 44 Jahren, von denen 8 bis 12 Prozent Fruchtbarkeitsprobleme haben.
Hormonmessung: Fortschritt für die Genauigkeit
Das Eingreifen zum richtigen Zeitpunkt ist die beste Voraussetzung für den Erfolg. Um den optimalen Handlungszeitpunkt zu erkennen, werden Patientinnen ständig beobachtet. Für Frauen, die sich einer ART unterziehen, bedeutet das 2 bis 3 Klinikbesuche pro Woche für Blutuntersuchungen. Diese Tests sind zwar wichtig, bieten aber nur eine Momentaufnahme des Zustands, der die medizinische Entwicklung nicht vollständig erfassen kann. Die derzeitigen Alternativen – Hormonüberwachung durch Urin, Speichel und Schweiss – sind in Bezug auf Präzision und unmittelbare Verwertbarkeit unzureichend, was sie für klinische Entscheidungen in Echtzeit ungeeignet macht. Aktuell gibt es keine anderen Überwachungsmöglichkeiten auf dem Markt, die speziell und selektiv Daten zu den drei für die IVF benötigten Hormone erfassen. Ein dichterer, umfassenderer Datenstrom könnte die Art und Weise revolutionieren, wie der Zeitpunkt und die Dosierung von Eingriffen festgelegt und damit möglicherweise die Ergebnisse für die Patientinnen verbessern.
Mit «Ceres» geht Impli neue Wege. Der Biosensor analysiert 30 Tage lang die subkutane (SC) Zwischenzellflüssigkeit (ISF) und liefert mithilfe elektrochemischer Technologie Hormonwerte in Echtzeit. «Das ist ein Quantensprung gegenüber der invasiven Blutabnahme», sagt Anna Luisa Schaffgotsch, Gründerin und CEO von Impli. «Ceres liefert einen Datenstrom mit einer bisher unerreichten Auflösung und unterliegt nicht den Schwankungen, welche die Blut- oder Urinwerte verfälschen können. Da die Sensoren implantiert werden, sind Bedienungsfehler weitgehend ausgeschlossen und für die Patientinnen ist es eine komfortable Lösung.»
Die ersten Prototypen wurden von dem Konsortium, das Impli mit Yalosys bildet, bereits hergestellt und die Benchmark-Tests verliefen positiv. Luigi Calabrese, Mitbegründer und CEO von Yalosys, erklärt: «Wir wollen die Sensoren im Rahmen der klinischen Tests weiter miniaturisieren. Das wird die Invasivität reduzieren und uns ermöglichen, ISO-kompatible Produktionsschritte zu erreichen.»
Potenzial geht über In-vitro-Fertilisation hinaus
Die Zusammenarbeit zwischen Impli, Yalosys und dem CSEM zielt darauf ab, das Präzisionsgerät zu perfektionieren. Mit den Kompetenzen im Bereich der Miniaturisierung und den Praxiserfahrungen in Chemie, Oberflächentechnik und Mikrodruck leistet das CSEM einen wichtigen Beitrag dazu. Zunächst prüft, bewertet und vergleicht das Technologie-Innovationszentrum verschiedene Arten von Biosensorik-Technologien für den Nachweis von Hormonen; danach wird es einen Labortisch einrichten, um die menschliche Umgebung für die In-vitro-Tests nachzustellen; und schliesslich wird das Team von Tools for Life Sciences den Prozess optimieren und übertragen.
Das Potenzial der Hormonüberwachung geht über die IVF hinaus. Als reguliertes endokrinologisches Gerät verspricht es, verschiedenen Patientengruppen zu helfen. Dazu gehören Frauen, die mit dem Polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS), einer Stoffwechselstörung, leben, die eine natürliche Schwangerschaft und Empfängnis erleben, von einer Fehlgeburt betroffen sind oder sich in den Wechseljahren befinden.