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Seit 20 Jahren vorhergesagt, jetzt hergestellt

In den 1950er Jahren wurden sogenannten Metallocene entdeckt, die aus zwei flachen Ringen aus Kohlenstoffatomen und einem dazwischenliegenden Metallatom bestehen. Aufgrund ihrer Struktur werden diese Moleküle auch Sandwich-Moleküle genannt. Ein 2005 erstmals theoretisch vorhergesagtes Molekül, das zwei unterschiedliche Metallatome beinhaltet, wurde jetzt hergestellt.
Dr. André Schäfer und Inga Bischoff im Labor mit einer Probe ihres neuen Dimetallocens. (Bild: Universität des Saarlandes, Thorsten Mohr)

In den 1950er Jahren wurden sogenannten Metallocene entdeckt, die aus zwei flachen Ringen aus Kohlenstoffatomen und einem dazwischenliegenden Metallatom bestehen. Aufgrund ihrer Struktur werden diese Moleküle auch Sandwich-Moleküle genannt. Ein 2005 erstmals theoretisch vorhergesagtes Molekül, das zwei unterschiedliche Metallatome beinhaltet, wurde jetzt hergestellt.

Das erste und gleichzeitig bekannteste Metallocen ist das «Ferrocen», welches ein Eisenatom enthält. Heute sind solche Sandwich-Komplexe aus vielen Bereichen der Chemie nicht mehr wegzudenken. Eingesetzt werden sie zur Synthese besonderer metallhaltiger Kunststoffe sowie in Katalyseprozessen in der chemischen Industrie.

Niemand weiss ganz genau, wie viele Sandwich-Moleküle es heute gibt, aber es sind sicherlich tausende. Was sie fast alle gemeinsam haben: Ein einzelnes Metallatom zwischen den beiden flachen Ringen aus Kohlenstoffatomen. Das war der Wissensstand bis 2004. Dann erregte die Entdeckung einer Arbeitsgruppe an der Universität Sevilla grosses Aufsehen. Den Forschenden war es gelungen, ein Sandwich-Molekül mit zwei statt nur einem Metallatom zu synthetisieren. Lange Zeit blieb dieses «Dimetallocen», das zwei Zinkatome besitzt, das einzige Beispiel seiner Art, bis es 2023 einer Arbeitsgruppe aus Grossbritannien gelang, ein ganz ähnliches Molekül mit zwei Berylliumatomen zu synthetisieren. Nun ist Inga Bischoff aus der Arbeitsgruppe von Privatdozent Dr. André Schäfer ein besonderes Kunststück gelungen: Die Chemikerin hat weltweit erstmalig ein Dimetallocen mit zwei unterschiedlichen Metallatomen im Labor hergestellt.

Schon kurz nach der Entdeckung des ersten Dimetallocens 2004 wurden Vorhersagen gemacht, dass derartige Sandwich-Moleküle nicht notwendigerweise zwei identische Metallatome aufweisen müssen, sondern der Komplex auch mit zwei unterschiedlichen Metallatomen stabil sein müsste. Diese Vorhersagen stützten sich auf quantenchemische Berechnungen und Modellierungen. Jedoch blieben alle Versuche, ein solches Molekül im Labor zu erschaffen, bis zum jetzigen Durchbruch erfolglos.

Lithium und Aluminium eingebaut

«Für das blosse Auge sieht es aus wie weisses Pulver. Doch als wir zum ersten Mal die experimentell bestimmte Molekülstruktur am Computer gesehen haben, wussten wir, dass es ein Sandwich-Molekül mit zwei unterschiedlichen Metallatomen ist», erzählt Dr. André Schäfer.

«Die Frage, wie genau die Ringe aus Kohlenstoffatomen auszusehen haben, spielt eine ebenso grosse Rolle wie die Frage, welche Metallatome man miteinander kombiniert und einbaut. Diese müssen nämlich in ihrer elektronischen Struktur zueinander passen», erläutert Inga Bischoff. «Wir haben in unserem heterobimetallischen Dimetallocen Lithium und Aluminium eingebaut. Es gab Berechnungen, die vorhersagten, dass sie in einem solchen Molekül gut zusammen passen würden, weil ihre elektronische Struktur in gewisser Weise der von zwei Zinkatomen ähnelt, von denen wir ja schon wussten, dass sie ein stabiles Dimetallocen-Molekül bilden können.»

Was einfach und simpel klingt, war jedoch die Arbeit vieler Monate. Das Molekül ist so reaktionsfreudig, dass man es nur unter einer reinen Stickstoff- oder Argonatmosphäre herstellen, lagern und untersuchen kann. Wenn es mit normaler Luft in Kontakt kommt, zerfällt es. An den Untersuchungen des neuen Moleküls war eine ganze Forschungsgruppe der Universität des Saarlandes beteiligt. Ihre Entdeckung publizierten sie in der Fachzeitschrift Nature Chemistry.

«Unser heterobimetallisches Dimetallocen stellt eine neue Klasse von Sandwich-Molekülen dar», erläutert Dr. André Schäfer. «Vielleicht schafft es das Molekül künftig in ein Lehrbuch. Erstmal müssen wir es aber noch weiter erforschen. Aktuell verstehen wir seine Struktur schon ganz gut, über die Reaktivität wissen wir aber noch wenig. In Zukunft könnte es auch möglich sein, weitere solcher Dimetallocen-Moleküle mit anderen Metallatomen zu synthetisieren, wenn wir weitere passende Kombinationen von Metallen finden.»

www.uni-saarland.de

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