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Chemie- und Pharmaberufe Verbandes

Vom Kuhmagenbakterium zu Fumarat

In der weissen Biotechnologie nutzt man Mikroorganismen und Enzyme zur Herstellung von chemischen und biochemischen Produkten. Dabei kommen Fermenter (auf dem Foto) zum Einsatz. (Bild: BASF)

In einem Forschungsprojekt forscht BASF gemeinsam mit drei deutschen Universitäten an der CO₂-neutralen Her­stellung von bio­basiertem Fumarat – und zwar durch Bakterien aus Vormägen von Holstein-Rindern. Das Bakterium aus dem sogenannten Pansen, einem Teil des Vormagens dieser Wiederkäuer, produziert aus Zucker und CO₂ das Zwischenprodukt Fumarat, das ein wichtiger Baustein in der Chemieindustrie ist. Das CO₂ stammt dabei aus Abgasströmen von Produktionsanlagen.

BASF möchte in Zukunft mit dem Bakterium Basfia succiniciproducens aus Zucker und Kohlenstoffdioxid ein für die Chemieproduktion wichtiges Zwischenprodukt herstellen. Daran arbeitet das Unternehmen zusammen mit den Universitäten des Saarlandes, Marburg und Kaiserslautern-Landau im gemeinsamen Forschungsprojekt «Fumbio» (Fumarsäure biobasiert). Das Bakterium, das 2008 aus dem Pansen des Holstein-Rinds isoliert wurde, werden die Forschenden genetisch so verändern, dass es bei der Fermentation in grossen Mengen biobasierte Fumarsäure, auch Fumarat genannt, produziert. Daraus kann BASF dann Produkte wie Lebens- und Futtermittelzusätze, Ausgangsstoffe für Medikamente oder Bausteine für Polymere und Wasch- und Reinigungsmittel mit einem geringen CO2-Fussabdruck herstellen.

«Wir schauen uns zusammen mit unseren Kooperationspartnern zum einen den Fermentationsprozess genauer an. Dieser soll so optimiert werden, dass die Bakterien aus nachwachsenden Rohstoffen wie Zucker sowie Kohlendioxid so viel Fumarat wie möglich herstellen», erklärt Dr. Barbara Navé, Projektleiterin bei Fumbio und zuständig für die Evaluierung und Koordination neuer Projekte in der weissen Biotechnologie bei BASF. Aber auch die anschliessende Weiterverarbeitung des Fumarats durch Enzyme – auch Biokatalyse genannt – zu biologisch abbaubaren Industrieprodukten ist im Fokus des Forschungsprojektes.

Das Bakterium Basfia succiniciproducens produziert das Zwischenprodukt Fumarat und bindet dabei Kohlendioxid. (Bild: BASF)

Fumarsäure ist in der Natur weit verbreitet und ein Zwischenprodukt in vielen Stoffwechselvorgängen bei Menschen, Tieren und Pflanzen. In der chemischen Industrie wird es bislang hauptsächlich aus fossilen Rohstoffen wie Erdöl hergestellt. Das Fumbio-Forschungsprojekt wird den CO2-Fussabdruck von biotechnologisch produziertem Fumarat messen und mit dem aus petrochemischer Herstellung vergleichen. Hier erwarten die Kooperationspartner, dass der CO2-Fussabdruck signifikant geringer oder – durch den Einsatz von CO2 als Rohstoff – sogar negativ ist.

Weisse Biotechnologie gewinnt an Bedeutung

Das CO2, das die Bakterien neben Zucker im Fermentationsprozess als Kohlenstoffquelle nutzen werden, soll aus Abgasströmen chemischer Produktionsanlagen entnommen werden. «Kohlenstoffdioxid ist ein wichtiger Rohstoff für uns in der chemischen Industrie», erklärt Navé. «Recyclen wir das CO2 aus Industrieabgasen, wird uns dies dabei helfen, den Ausstoss des Klimagases zu verringern und unsere Klimaziele bis 2050 zu erreichen.»

Weisse Biotechnologie

In der weissen Biotechnologie – auch als industrielle Biotechnologie bezeichnet – werden biotechnologische Methoden für industrielle Produktionsverfahren eingesetzt. Die Bezeichnung grenzt die industrielle Biotechnologie von der «grünen» und der «roten» Biotechnologie ab, die sich mit Pflanzen und Medizinprodukten befassen. Trotzdem gibt es dabei Überschneidungen.


Auch biotechnologische Verfahren wie die Fermentation, bei der Mikroorganismen wie Bakterien oder Pilze CO2 als Baustein für Stoffwechselprodukte verwenden, werden in Zukunft für die Chemieindustrie immer bedeutender werden. «Die weisse Biotechnologie ist ein wichtiges Werkzeug, unseren Kunden in Zukunft vermehrt biobasierte Produkte mit einem geringen CO2-Fussabdruck anbieten zu können.»

www.basf.com

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