Offizielles Organ des Schweizerischen
Chemie- und Pharmaberufe Verbandes

MEDIADATEN

Suche
Close this search box.

Darum ging es beim Sonderabfalltag 2024

Rund 160 Personen aus Gewerbe, Industrie und Behörden trafen sich Anfang Juni zum 21. Schweizer Sonderabfalltag. Neben den Anwesenden vor Ort, konnten diverse Teilnehmende spannende und lehrreiche Referate per Live-Stream mitverfolgen. Eine Zusammenfassung der Referate.
Impression vom 4. Juni 2024, Seminar- und Konferenzhotel Arte, Olten. (Bild: EcoServe)

Rund 160 Personen aus Gewerbe, Industrie und Behörden trafen sich Anfang Juni zum 21. Schweizer Sonderabfalltag. Neben den Anwesenden vor Ort, konnten diverse Teilnehmende spannende und lehrreiche Referate per Live-Stream mitverfolgen. Eine Zusammenfassung der Referate.

Nachdem Dieter Zaugg, Inhaber der Tagungsveranstalterin – der EcoServe International AG, die Tagung eröffnete, ging es bereits um Schweizerhalle mit einem Vortrag von Dr. Martin Forter, Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU).

Altlastenverordnung

Die AefU hat eine Studie darüber verfasst, wie sich die Altlastenverordnung hinsichtlich des blasenkrebsauslösenden Stoffes Benzidin in den 26 Jahren seit in Kraft treten bewährt hat. Benzidin wurde bis 1971 von BASF, Novartis und Syngenta (bzw. ihren Vorgängerfirmen) auf den Fabrikgeländen in Schweizerhalle (BL), Klybeck und Rosenthal (BS) sowie Monthey (VS) hergestellt bzw. eingesetzt, um Direktfarbstoffe herzustellen.

Die Altlastenverordnung enthält Stoffe, die namentlich genannt sind und für die ein Grenzwert festgelegt ist. Nicht so aber für Benzidin. Hier muss der Grenzwert hergeleitet werden. Dies führte dazu, dass die Kantone entweder gar nicht danach gesucht oder aber unterschiedliche Grenzwerte für Benzidin verwendet haben. So hat das Wallis bereits 2003 die Verschmutzung mit Benzidin erkannt, wohingegen Basel-Landschaft und Basel-Stadt gar nicht danach gesucht haben.

Zusammengefasst kann man sagen, dass das Wallis die Altlastenverordnung gut umgesetzt hat, die Kantone BL und BS, zumindest hinsichtlich des Benzidin, nicht. Dieses Beispiel zeigt eindrücklich auf, wie unterschiedlich der Vollzug in den einzelnen Kantonen organisiert ist.

Messmethoden im Umweltbereich

Ein spannendes Thema wurde von Dr. Marina Kuster, Wessling AG, erläutert. Das BAFU verlangt von Messmethoden im Umweltbereich, also auch von Abfällen, eine hohe Qualität der Ergebnisse. Die Kunden ihrerseits eine schnelle Bearbeitung der Proben.

Damit die Kunden so rasch wie möglich die Analyseresultate erhalten, ist es unter anderem wichtig, dass bei grossen Probenmengen das Labor frühzeitig informiert wird, damit man sich entsprechend organisieren kann. Ebenfalls sollte die Fragestellung klar sein, was mit dem Analyseresultat erreicht werden soll. Nur so kann das Labor die geeignete Messmethode bestimmen.

Wenn Elemente und Stoffe in einer Probe nicht bekannt sind, wird eine Screening-Analyse eingesetzt. Diese ist nicht sehr selektiv und es wird ein qualitatives Resultat ausgegeben.

Wenn man die Gesamtkonzentration einer bestimmten Eigenschaft in einer Probe sucht (z. B. TOC oder Kohlenwasserstoff-Index), so wird eine Summenparameter-Analyse durchgeführt, welche aber auch nicht sehr selektiv ist.

Geht die Fragestellung dahin, dass man wissen möchte, wie hoch die Konzentration eines Einzelstoffes (z. B. Schwermetalle, PAK) ist, wird eine Einzelstoffanalyse durchgeführt. Dabei handelt es sich um eine gezielte Suche nach dem angefragten Stoff. Diese Analyse ist sehr spezifisch und empfindlich. Das Ergebnis hat eine hohe Aussagekraft, da die Methode entsprechend validiert werden kann.

Die Analyse an sich ist aber nur die halbe Miete. Einflussfaktoren können das Resultat verfälschen. Damit das nicht geschieht, ist es wichtig, dass die Probe-Entnahme korrekt abläuft. Die Probe muss homogen und repräsentativ sein. Weiter ist auch die Verwendung von geeigneten Behältern und eine korrekte Handhabung sicherzustellen.

Bodenwaschanlage

Michael Waldner, Vito Recycling AG, referierte über die Funktion einer der modernsten Bodenwaschanlagen Europas. Sie ist seit Juli 2023 in Betrieb und wurde von der Toggenburger AG und der Vigier Holding AG errichtet. Jährlich können ca. 200 000 Tonnen Aushub und 40 000 Tonnen Schlamm gewaschen werden.

Dabei werden das Aushubmaterial und die Schlämme (verschmutzt mit Kohlenwasserstoffen, PAK, BTEX, PCB, Schwermetall) in ihre Bestandteile aufgeteilt. Die Kies- und Sandkomponenten werden in den Baustoffkreislauf zurückgeführt, insbesondere in die Betonherstellung. Die Filterkuchen (Feinkorn verunreinigt mit Schadstoffen) können in Abhängigkeit der Schadstoffkonzentration als Rohmehlersatz in der Zementindustrie eingesetzt werden. So kann die von der VVEA (Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen) geforderte Verwertung von Abfällen erfüllt werden.

Stoffeinträge in Gewässer

Mikroverunreinigungen (organisch synthetischen Verunreinigungen) werden immer mehr zum Thema, da sie auch über das bereits gereinigte Abwasser aus Industrie und Gewerbe in unsere Gewässer gelangen. Rebekka Gulde und Fabienne Eugster vom Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute VSA präsentierten in ihrem Vortrag die Ergebnisse ihrer Machbarkeitsstudie.

Ein Problem liegt darin, dass es für Mikroverunreinigungen (MV) keine nummerischen Grenzwerte gibt und die Konzentration sehr stark variiert. Zudem gibt es keine typischen MV für Abwässer aus Abfallbehandlungsanlagen, wie eine Studie aus Deutschland zeigte.

Rund 160 Personen nahmen am 21. Schweizer Sonderabfalltag teil. (Bild: Ecoserve)

Basierend aus den Erkenntnissen dieser Studie hat der VSA zusammen mit der Eawag eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. Dazu wurden bei einem Sonderabfallverwerter an verschiedenen Stellen Wasserproben über einen Zeitraum von zwei Wochen entnommen und analysiert. Dabei stellte sich heraus, dass von den 784 gefundenen Substanzen in der chemisch-physikalischen Behandlungsanlage noch 44 Substanzen im Gesamtablauf der ARA nachgewiesen werden können. Auch in dieser Studie zeigte sich, dass die stoffliche Zusammensetzung sehr komplex ist.

Da die chemische Analytik keine Aussage zur Toxizität macht, wurden zusammen mit der FHNW noch ökotoxische Messungen im gereinigten Abwasser der CP-Anlage durchgeführt. Diese zeigten, dass die Abwässer eine ökotoxikologische Relevanz haben.

Abfallklassierung

Nach dem Mittag ging es weiter mit einem Thema, das alle Abgeber und Entsorger von Abfällen betrifft: Dieter Offenthaler, Thommen-Furler AG, referierte über die Abfallklassierung.

Die richtige Abfallklassierung ist ein wichtiger Bestandteil des Entsorgungsprozesses und nicht immer ganz einfach. Es wurde aufgezeigt, wie das Vorgehen ist, wenn man nicht sicher ist, ob es sich beim vorliegenden Abfall um einen Sonderabfall handelt oder nicht. Die Frage, ob es sich um Sonderabfall handelt, ist abhängig von der Konzentration an gefährlichen Stoffen im Abfall und deren Eigenschaften (H-Sätze). Somit ist es unerlässlich zu wissen, wie sich der Abfall zusammensetzt. Seitens BAFU existieren einige nützliche Tools, wie z. B. die Online-Vollzugshilfe. Da man dort aber mit etwas Sucharbeit beschäftigt ist, bis man zu den Konzentrationsangaben kommt, kann man alternativ auch den Anhang 3 der EU-Richtlinie 2008/98/EG konsultieren, da in dieser Richtlinie die Konzentrationsgrenzen direkt ausgewiesen sind. Ein weiteres Hilfsmittel für die Entscheidung, ob es ein Sonderabfall ist oder nicht, ist der Teil 2 des Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2023 aus Österreich, das sogenannte Handbuch grüne Liste. Dies bietet sich vor allem dann an, wenn die Analytik der gefährlichen Stoffe eher schwierig ist.

Für ein Angebot einer ökologisch und ökonomisch interessanten Entsorgungs- und Verwertungslösung reicht der Abfallcode jedoch nicht aus. Es braucht weitere Angaben wie zum Beispiel Abfallmengen, Verpackung, Mischbarkeit, pH-Wert, usw.

Revision VEVA

Aktuell läuft die Vernehmlassung der Revision der VeVA. Diese ist nötig, da der Begriff «Siedlungsabfälle» sehr breit ausgelegt wurde und beim Export von Abfällen immer wieder zu unterschiedlichen Interpretationen führte.

Herr Martin Luther, BAFU, ging in seinem Vortrag insbesondere auf Artikel 17 der VeVA ein. Dieser Artikel regelt die Voraussetzung für die Ausfuhrbewilligung, was möglich ist, wenn genannte Abfälle in der Schweiz nicht entsorgt werden können. Insbesondere soll der Begriff «Siedlungsabfall» entfernt und durch konkrete Nennung von Abfallarten ersetzt werden.

Damit soll der Weiterentwicklung bei Separatsammlungen, der besseren Anlagen für die Sortierung von Abfällen und der im Umweltschutzgesetz verankerten Entsorgungsautonomie der Schweiz Rechnung getragen werden.

Recycling von Lithium-Ionen Batterien aus der Elektromobilität

Herr Jodok Reinhardt, Librec AG, zeigte in seinem Referat einen Überblick über das Recycling von Li-Batterien aus der Elektromobilität in Europa. Dabei handelt es sich um sogenannte grosse Antriebsbatterien.

Aktuell befinden sich rund zwei Millionen Tonnen Batterien auf den Strassen Europas und die Tendenz steigt. Dadurch wird das Recycling immer mehr zum Thema und die EU hat bereits Ziele definiert. So soll die Rückgewinnungsrate von Cobalt, Nickel und Lithium bis 2032 zwischen 80 und 95 Prozent liegen. Ferner sollen neue Batterien einen Anteil von 12 bis 15 Prozent an recyceltem Material aus Altbatterien enthalten.

Da das Gefahrenpotential von Batterien nicht unerheblich ist und es beim Transport einiges zu berücksichtigen gibt, soll die Sammlung und die Vorbehandlung zur sogenannten Schwarzmasse in den einzelnen Ländern erfolgen. Die endgültige Aufarbeitung der Schwarzmasse zu den wertvollen Rohstoffen erfolgt dann in einem zweiten hydro-metallurgischen Schritt in wenigen Anlagen in Europa.

Versicherung

«Wenn dir keiner hilft, dann hilf dir selbst» – so sagten es Guido Hesse, Hesse Digital AG, und Urban Frei, Rytec AG und Vorstandmitglied SVUT. In ihrem Referat gingen sie auf die Problematik mit der Versicherung ein.

Acht Brände auf Recyclinganlagen gab es im ersten Halbjahr 2023. Auch bereits 2024 kam es wieder zu etlichen Vorfällen. Häufig werden diese Brände verursacht durch festverbaute Batterien in Alltagsgegenständen, welche so den Weg auf die Recyclinghöfe finden. Die vermehrten Schadenfälle führen dazu, dass die Versicherungen keine Deckung mehr anbieten oder wenn sie es tun, dann nur zu sehr hohen Preisen.

Der SVUT erarbeitet nun eine Lösung für seine Mitglieder, welche den Ansatz verfolgt, dass man in einen «Pool» seine Prämie einzahlt. Daraus können kleiner Schadenfälle bezahlt werden und der Selbstbehalt für grössere Schäden ist ebenfalls finanziert. Im Pool hat man zudem den direkten Zugang zu einem Rückversicherer, welcher die grossen Risiken professionell versichern kann.

Die sogenannte Peer-to-Peer Versicherung zusammen mit einem Mehrjahresversicherungsvertrag bei einem Rückversicherer ist ein kostengünstiges Modell für die einzelnen Betriebe. Das alles hört sich gut an, stellt aber auch Anforderungen an die Gruppe. Der Aufbau eines Selbstkontrollmechanismus ist notwendig, um das Risikoprofil tief zu halten – alle sollen etwas dafür tun, dass es möglichst nicht zu einem Schadenfall kommt.

Hier geht es zu den Referaten des 21. Schweizer Sonderabfalltags.

Der nächste Sonderabfalltag findet am Dienstag, 17. Juni 2025 statt.

www.ecoserve.ch

Das könnte Sie auch interessieren:

Newsletter abonnieren

Login