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Venen aus dem Labor

Das CSEM und Clexbio, ein in Norwegen ansässiges Startup, haben gemeinsam einen neuartigen Bioreaktor entwickelt für die Züchtung menschlicher Venen im Labor. Die vom Research Council of Norway finanzierte Lösung soll das Leben von Millionen von Menschen, die an schwerer chronischer Veneninsuffizienz (CVI) leiden, durch die Möglichkeit erleichtern, ihnen biotechnisch hergestellte Venen zu implantieren.
Entwicklung von Venentransplantaten aus menschlichem Gewebematerial, die sich in den Körper des Patienten integrieren und zu echtem, lebendem Gewebe werden können. (Bild: CSEM)

Das CSEM und Clexbio, ein in Norwegen ansässiges Startup, haben gemeinsam einen neuartigen Bioreaktor entwickelt für die Züchtung menschlicher Venen im Labor. Die vom Research Council of Norway finanzierte Lösung soll das Leben von Millionen von Menschen, die an schwerer chronischer Veneninsuffizienz (CVI) leiden, durch die Möglichkeit erleichtern, ihnen biotechnisch hergestellte Venen zu implantieren.

Gemeinsam haben die Partner einen Bioreaktor-Prototypen für die Herstellung funktioneller Venenimplantate aus menschlichem Stammzellgewebe entwickelt und getestet, der sich in den Körper des Patienten integriert und zu lebendem Gewebe wird. Clexbio nutzte hierfür seine Kompetenzen im Bereich der regenerativen Medizin, seine IP-Plattform und sein Fachwissen über Hydrogele, während die CSEM-Ingenieurinnen und -Ingenieure ihr Know-how in den Bereichen Automatisierung, mikrophysiologische Systeme und intelligente Labortechnik einbrachten.

Eine biologisch abbaubare Matrix

Die Plattformtechnologie «Vivoset» von Clexbio ist eine Zell-Biomaterial-Formulierung, die Gewebe mit komplexem Aufbau, wie zum Beispiel Venen, formen und bauen kann. Diese Venen werden durch die Kombination normaler Zellen mit dem patentierten Biomaterial des Unternehmens in einem mikrofluidischen Verfahren hergestellt. Sobald sich das gewünschte Gewebe gebildet hat, werden sowohl die Zellen als auch das Gerüst entfernt. Zurück bleibt ein Implantat, das aus menschlicher extrazellulärer Matrix besteht, dem Hauptbestandteil natürlicher Gewebe. Das so gezüchtete Venentransplantat kann Patienten direkt implantiert werden.

Das Technologie-Innovationszentrum CSEM ist auf die Entwicklung von standardisierten Gewebezucht-Plattformen spezialisiert. Die Expertinnen und Experten arbeiteten mit den Skandinaviern zusammen, um einen Bioreaktor zu entwerfen und zu validieren, der diese Gewebeimplantate skaliert herstellen kann. Der Bioreaktor ermöglicht den Nachbau der röhrenförmigen Struktur der Venen, die das Blut aus den Organen zurück zum Herzen transportieren. Durch die Kombination aus einem Gerüst, biokompatiblen Membranen und 3-D-Druck mit biokompatiblen Harzen konnte das CSEM-Team die Form für die Herstellung von Röhren wie Venen entwickeln und eine Reihe von künstlichen Geweben mit einer Länge von rund zehn Zentimeter und einem Durchmesser von zirka einem Zentimeter herstellen.

Was ist chronische venöse Insuffizienz?

Zu einer schweren chronischen venösen Insuffizienz (CVI) kann es kommen, wenn die Klappen in den Beinvenen nicht richtig funktionieren, wodurch das Blut zurückfliesst und sich in den Venen staut. Die Krankheit, unter der Millionen von Menschen auf der ganzen Welt leiden, kann Symptome wie Krampfadern, Schmerzen, Schwellungen, Ödeme, Krämpfe und wiederkehrende Geschwüre verursachen. Synthetische Implantate oder Stents haben bisher versagt, da sie zu thrombotischen Ereignissen im venösen System führen. Die derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten beschränken sich auf Kompressionsstrümpfe bis hin zur symptomatischen Wundbehandlung. Doch bis heute gibt es keine wirksame Methode, um schwere CVI-Fälle zu medizinieren.


Erste vorklinische Ergebnisse von Clexbio zeigen, dass die Implantate bei den Patienten nach der Einpflanzung keine Immunreaktion auslösen. Stattdessen werden sie von den eigenen Zellen des Patienten besiedelt und verwandeln sich in funktionelles Gewebe, das sich in den Körper integriert und mit ihm wächst – eine regenerative Lösung und ein möglicher Durchbruch in der modernen Medizin.

Hightech Bioproduktionssystem

Ziel des «Supervene»-Projekts war es, standardisierte und automatisierte Herstellungsverfahren für die regenerative Medizin zu entwickeln, die vom Labor in den klinischen Bereich übergehen. «Vivoset ist eine neue Technologie, die das unglaubliche Potenzial neuartiger Zelltherapien freisetzen kann», sagt Stéphanie Boder-Pasche, Senior Project Manager in Cell Microtechnologies am CSEM. Ihr Kollege Gilles Weder, Leiter der Abteilung Forschung & BD in Life Science Technologies am CSEM, ergänzt: «Für die Herstellung solch revolutionärer Implantate benötigen wir ein geschlossenes hightech Bioproduktionssystem, das automatisiert funktioniert.» Die Venen reifen über einige Wochen in einer sterilen Umgebung, automatisiert umströmt von Medien für die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung.

Eine Reihe von Bioreaktoren zur Züchtung von Venentransplantaten, entwickelt von CSEM und Clexbio. (Bild: CSEM)

Für Armend Håti, CEO und Mitbegründer von Clexbio, ist dies ein wichtiger Meilenstein: «Die Verwendung eines geschlossenen Systems zur Herstellung der Venentransplantate verringert das Risiko einer Kontamination, gewährleistet Produktqualität und -sicherheit.» Darüber hinaus werde die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften erleichtert. «Dies ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass wir in Zukunft Studien am Menschen durchführen und das Produkt unter GMP-Bedingungen im grossen Massstab vermarkten können.»

Weitere vorklinische Tests

Nach der Basisentwicklung des Systems wird Clexbio jetzt weitere vorklinische Tests an grösseren Tiermodellen durchführen, um Daten über die Funktionsfähigkeit der biotechnologisch hergestellten Venenimplantate im Herz-Kreislauf-System zu sammeln, einschliesslich ihrer Fähigkeit, sich mit den eigenen Zellen des Wirts zu besiedeln.

www.csem.ch
www.clexbio.com

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