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Fett-Zucker-Kombi-Moleküle verbessern Impfung

Impfstoffe könnten in Zukunft eine gezieltere Unterstützung durch bestimmte Fett-Zucker-Kombinations-Verbindungen bekommen. Denn diese lassen sich neuerdings in einem einzigen Schritt aus vier Bausteinen synthetisieren, wobei Modifizierungen einer bestimmten funktionellen Gruppe eine Vielzahl pathogenindividueller Hilfsstoffe hervorbringen können.

Impfstoffe könnten in Zukunft eine gezieltere Unterstützung durch bestimmte Fett-Zucker-Kombinations-Verbindungen bekommen. Denn diese lassen sich neuerdings in einem einzigen Schritt aus vier Bausteinen synthetisieren, wobei Modifizierungen einer bestimmten funktionellen Gruppe eine Vielzahl pathogenindividueller Hilfsstoffe hervorbringen können.

Damit Impfstoffe ausreichend stark und langanhaltend immunisieren, sind neben dem eigentlichen Impfstoff (Antigen) oftmals Hilfsstoffe nötig, die das Immunsystem anregen: Adjuvantien. Bisher sind nur wenige Stoffe als Adjuvans zugelassen. Ein Forschungsteam stellt jetzt in der Zeitschrift «Angewandte Chemie» ein Spektrum potenzieller neuer Adjuvantien vor [https://doi.org/10.1002/ange.202310983]. Ausgangspunkt war das als Immunstimulator eingesetzte α-Galactosylceramid (α-GalCer). Das Team synthetisierte es in vielen verschiedenen neuen Variationen aus vier Einzelbausteinen.

α-GalCer ist ein synthetisches Glykolipid (Verbindung aus Fett- und Zucker-Bausteinen), das auf ähnlichen Verbindungen aus einem Meeresschwamm basiert. Es bindet an einen speziellen Rezeptor auf Antigen-präsentierenden Zellen: CD1-d. Dadurch werden bestimmte Immunzellen aktiviert und immunstimulierende Cytokine abgesondert. So verstärkt dieser Wirkstoff Immunantworten, hilft beim Kampf gegen Pathogene und Tumorzellen und verringert Autoimmunreaktionen. In der Gruppe der neu synthetisierten α-GalCer-Analoga identifizierte das Team vom Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie (Halle/Saale) und vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (Braunschweig) um Bernhard Westermann, Daniel G. Rivera und Carlos A. Guzmán eine Reihe von Verbindungen, die eine deutlich verbesserte und/oder etwas andere Wirkung zeigen.

Eine rationelle Reaktion – viele Derivate

Schlüssel zum Erfolg war die Verwendung einer speziellen Reaktion zur Synthese der α-GalCer-Analoga: Bei der sog. Ugi-Vierkomponenten-Reaktion werden Zielmoleküle in einem Schritt aus vier einzelnen Bausteinen zusammengesetzt. Diese vier Bausteine variierte das Team breit in kombinatorischer Weise und synthetisierte eine ganze Sammlung verschiedener α-GalCer-Derivate. Insbesondere nutzten sie eine funktionelle Gruppe (N-Substituent der Amidbindung), die zuvor nicht für Derivatisierungen von α-GalCer herangezogen wurde. Auf diese Weise gelang es dem Team, eine Vielzahl verschiedener zusätzlicher Funktionalitäten in die α-GalCer-Analoga einzuführen.

Diese Strategie führte zur Entdeckung von Verbindungen, die eine verstärkte antigenspezifische T-Zell-Stimulation und eine höhere Antikörperreaktion auslösen, wenn sie Mäusen zusammen mit einem Modell-Antigen entweder gespritzt oder über die Nasenschleimhaut verabreicht werden. Verschiedene funktionalisierte α-GalCer-Analoga zeigten in vitro und im Tierversuch zudem eine stärkere Adjuvanswirkung als ein zuvor für diesen Zweck optimiertes (mit Polyethylenglykol konjugiertes) α-GalCer.

Massschneiderung auf das Pathogen hin

Interessanterweise zeigten einige der neuen Analoga in Teilen unterschiedliche Wirkungen auf das Immunsystem, sodass durch eine gezielte Variation der Derivatisierung verschieden ausbalancierte Immunantworten hervorgerufen werden könnten. So könnten sich Adjuvantien entwickeln lassen, die genau an die Erfordernisse der jeweiligen Pathogene anpassbar sind. Zudem konnte eine zusätzliche Bindestelle eingefügt werden, über die das Antigen direkt an das Adjuvans angeknüpft werden kann, ohne die Wirkung zu beeinträchtigen – Voraussetzung für die Entwicklung sich selbst verstärkender (selbstadjuvierender) Impfstoffe.

www.ipb-halle.de
www.helmholtz-hzi.de

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