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Synthesegaschemie: nachhaltig durch Eisen-Kat

Der Weg zu einer grünen Chemie könnte über die gekonnte Steuerung des Katalysators für die Umsetzung von Synthesegas in Grundstoffe führen. (Bild: adpic)

Um die Synthesegaschemie auf «nachhaltig» zu trimmen, bringen Forscher des Leibniz-Instituts für Katalyse, Rostock, einen entscheidenden «Mitspieler» in Top-Form: den Eisenkatalysator.

Klassischerweise entstehen aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff (= Synthesegas) wichtige Grundstoffe für die ganze Chemie: nach dem Fischer-Tropsch-Verfahren Flüssiggas (LPG), Naphtha und Diesel, aber zum Beispiel auch Dimethylether, Benzin, Alkohole, Methan und synthetisches Erdgas (SNG). Welches Produkt entsteht, wird unter anderem über das Mengenverhältnis der Edukte CO und H2 gesteuert.

Natürliche Schwankungen schlagen auf Katalysator durch

Nachhaltig werden diese Synthesen durch drei Hauptmassnahmen: 1. Erstetze CO durch CO2, und greife es möglichst direkt dort ab, wo es als Abfallprodukt in Mengen anfällt (Chemieindustrie, Eisen, und Stahlindustrie, Zementindustrie)! 2. Gewinne den Wasserstoff durch Elektrolyse von Wasser mit Hilfe von Solar- oder Windenergie! 3. Optimiere die Synthesen auf fluktuierende Bedingungen. Dabei bedeutet «fluktuierend», dass diese Syntheseverfahren auch bei schwankender Zufuhr an Energie und Ausgangsstoffen funktionieren müssen.

Aus der Vision wird Realität: eine grüne Chemie. (Bild: Adpic)

Es versteht sich von selbst: Der Wechsel zwischen Sonnenwetter und bedecktem Himmel sowie zwischen Wind und Windstille sorgen für eine mitunter starke Dynamik bei der Energieerzeugung. Wie sich das auf die mit der regenerativen Energie betriebenen Reaktionen auswirkt, sei bisher kaum untersucht, betonen die LIKAT-Forscher Prof. Dr. Angelika Brückner und Prof. Dr. Evgenii Kondratenko. Sie haben herausgefunden, dass sich unter dynamischen Bedingungen sogar der bei der Reaktion von CO2 und H2 verwendete Eisenkatalysator verändert.

Aktive katalytische Phase: Eisenkarbid

Dieser Katalysator hilft dabei, die extrem stabilen Kohlenstoff-Sauerstoff-Bindungen im reaktionsträgen CO2 zu aktivieren. Ausserdem entscheiden seine Struktur und Beschaffenheit ganz wesentlich darüber, welche Produkte bei der CO2-Hydrierung entstehen. So entsteht beim Einsatz von Eisen in Form seiner Oxide bevorzugt Methan und zum Beispiel keine Olefine. Vor allem jedoch verändert sich der Katalysator unter fluktuierenden Bedingungen. Er bildet immer wieder neue Phasen und Spezies.

Der entscheidende Hebel für eine grüne Chemie könnte ein Eisenkatalysator sein. (Bild: Adpic)

Um günstige und hinderliche Phasen präzise auseinanderzuhalten, beobachten die Forscher den Katalysator bei seiner Arbeit mit sogenannten operando-spektroskopischen Analysemethoden auf der Basis von Infrarot-, UV- und Laserlicht. Demnach ist für die CO2-Hydrierung vor allem eine Phase entscheidend, in der an der Katalysator-Oberfläche Eisenkarbid entsteht. Zur Stabilisierung dieser Karbid-Phase kann beispielsweise als Katalysatormaterial, statt des üblichen Eisenoxids, Eisenoxalat verwendet werden. Ein weiteres Ergebnis der aktuellen Forschung: Die Ursache einer nachlassenden Aktivität des Eisen-Katalysators kann in Zwischenprodukten liegen, die sich unter bestimmten Umständen zu Koks umwandeln. Der lagert sich als zähe Schicht auf der Katalysator-Oberfläche ab und verdeckt die aktive Spezies.

Realistische CO2-Kreislaufwirtschaft

Mit dem vermehrten Wissen um die Katalyse und weitere Details der Umsetzung von CO2 und H2 zu chemischen Grundstoffen und Treibstoffen steigt auch die Fähigkeit aktueller Forschung und Entwicklung, die Synthesen gezielt zu höherwertigen Kohlenwasserstoffen zu lenken (z. B. Olefine) und gleichzeitig diese neue Synthesegaschemie nachhaltig zu machen. Im Zusammenspiel mit aktuellen CCUS-Verfahren (carbon capture, utilization and storage) kann aus der Vision einer CO2-Kreislaufwirtschaft Realität werden.

Die Forscher am LIKAT arbeiten im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms 2080 «Katalysatoren und Reaktoren unter dynamischen Betriebsbedingungen für die Energiespeicherung und -wandlung».

ChemieXtra

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