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Viperngift gegen Bakterien?

Im Vergleich zu den Giftcocktails tropischer Schlangen sind die Gifte europäischer Tiere deutlich weniger erforscht. Nun haben Forschende in Deutschland den Giftcocktail der in Griechenland heimischen Milosviper entschlüsselt. Deren Gift enthält auch Wirkstoffe, die künftig gegen bakterielle Krankheitserreger eingesetzt werden könnten.
Das Gift der Milosviper (Macrovipera schweizeri), hier ein ausgewachsenes Tier auf der Insel Milos, wurde erstmals aufgeschlüsselt. (Bild: Thomas Lindner)

Im Vergleich zu den Giftcocktails tropischer Schlangen sind die Gifte europäischer Tiere deutlich weniger erforscht. Nun haben Forschende in Deutschland den Giftcocktail der in Griechenland heimischen Milosviper entschlüsselt. Deren Gift enthält auch Wirkstoffe, die künftig gegen bakterielle Krankheitserreger eingesetzt werden könnten.

Forschende des Fraunhofer IME und der Universität Giessen befassen sich im Rahmen des Loewe-Zentrums für Translationale Biodiversitätsgenomik mit den vernachlässigten Giften von Kreuzotter und Co. Dabei ist es ihnen erstmals gelungen, die Giftzusammensetzung der berüchtigten Milosviper (Macrovipera schweizeri) zu entschlüsseln.

Die Milosviper ist eine nahe Verwandte der Levanteviper, einer der gefährlichsten Giftschlangen Europas und des Nahen Ostens. Sie lebt nur auf wenigen Inseln der Kykladen, vor allem auf Milos», so Dr. Tim Lüddecke, Leiter der Nachwuchsgruppe Animal Venomics am Fraunhofer IME und Forschungsleiter des Projektes. «Trotz ihrer nahen Verwandtschaft zu diesen gefährlichen Tieren und ihrer einzigartigen ökologischen Nische war uns das Gift der Milosviper unbekannt», führt Lüddecke aus. «Durch Anwendung moderner Massenspektrometrie, der «Proteomics», konnten wir erstmals die Giftkomponenten identifizieren und zeigen, dass ihr Cocktail nahezu identisch mit den Giften der Unterarten der Levanteviper ist», sagt Lüddecke. Im Labor wurde die schädigende Wirkung des Milosvipergifts auf Gewebe anhand verschiedener Zelltypen und die Aktivität von eiweiss-abbauenden Enzymen gemessen und verglichen. «Tatsächlich ähneln sich die Effekte beider Gifte stark», erklärt Lennart Schulte, Doktorand der Arbeitsgruppe und Erstautor der Studie.

Obwohl die Studie bestätigt, dass Milosvipern gefährlich sein können, lassen sich aus ihrem Gift in Zukunft möglicherweise biomedizinische Anwendungen ableiten. «Wir haben mehrere Toxine identifiziert, die zu Proteinklassen mit bekannter Wirksamkeit gegen bakterielle Krankheitserreger gehören. Diese lassen sich eventuell einsetzen, um neue Leitmoleküle für die Wirkstoffentwicklung gegen Infektionskrankheiten zu entwickeln», erklärt Lüddecke. «Wir haben erste Aktivitätsstudien mit dem Gift durchgeführt und gezeigt, dass es in der Tat eine starke Wirksamkeit gegen einige medizinisch relevante Bakterien aufweist. Nun gilt es, diese Komponenten zu isolieren und weiterzuentwickeln», führt Lüddecke aus.

www.senckenberg.de

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