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Mit Datenanalyse und Maschinellem Lernen zum effizienten Retrofit

Schadstoffbeladene Abgase aus verschiedenen Batch-Prozessen durchkreuzten kürzlich beinahe die Expansionspläne eines Schweizer Pharmaunternehmens, das sich auf die Herstellung und den Vertrieb hochwertiger Peptide, Aminosäurederivate und biochemischer Reagenzien spezialisiert hat. Ein digitaler Modernisierungsansatz schaffte Abhilfe – und optimierte die ganze Prozesskette.
Mittels datenbasiertem Ansatz wurden deutlich reduzierte Abgas-Frachtspitzen bei gleichzeitig gesteigerter Produktionseffizienz ermöglicht. (Bild: iStock, NicoElNino).

Schadstoffbeladene Abgase aus verschiedenen Batch-Prozessen durchkreuzten kürzlich beinahe die Expansionspläne eines Schweizer Pharmaunternehmens, das sich auf die Herstellung und den Vertrieb hochwertiger Peptide, Aminosäurederivate und biochemischer Reagenzien spezialisiert hat. Ein digitaler Modernisierungsansatz schaffte Abhilfe – und half, die ganze Prozesskette zu optimieren.

Die im Rahmen eines Retrofits geplante Produktionserweiterung einer 20-jährigen Anlage wurde von den Behörden nur unter Auflage der eingehaltenen aktuellen Luftreinhalteverordnung genehmigt. Um die erweiterte Pharmaanlage konform zu betreiben, bedurfte auch die Abluftreinigungsanlage eines Retrofits.

Die als Generalplanerin bereits mit dem Umbau beauftragte VTU suchte nach Lösungen für diese Herausforderung. Angesetzt wurde zunächst bei der maximalen Reduzierbarkeit der Frachtspitzen, da in der Pharmaanlage die Fracht mit vorgewärmter Frischluft verdünnt werden muss, um ein explosionsfähiges Gemisch zu verhindern – eine Überdimensionierung der Abluftreinigungsanlage sowie Energieverluste sind die Folge. Auch die Reduktion der Emissionen an der Quelle wurde untersucht.

Mehr Individualität, signifikante Einsparungen

Die Wahl fiel auf die Analyse der Optimierungsmöglichkeiten mit Maschinellem Lernen (ML) als individuelle und bedeutend nachhaltigere Lösung anstelle eines End-of-Pipe-Ansatzes, der eine Dimensionierung der Abluftreinigung hinsichtlich des Peak-Abluftflusses beinhaltet hätte. Die vorhandenen Anlagendaten bildeten die Basis für zeitnahe und effizient zu erreichende Erkenntnisse, und versprachen signifikante Einsparungen, insbesondere beim Energieverbrauch.

Der erste Schritt bestand in einer umfassenden Datenanalyse zur Ursachenidentifikation für die Frachtspitzen und die Erstellung von «Was wäre wenn»-Simulationen. Darauf folgte ein Training von ML-Algorithmen anhand vorhandener Daten über einen Zeitraum von einem Jahr, um die Anlagenschritte mit der höchsten Fracht zu identifizieren. Gemeinsam mit den Simulationen wurde so eine gleichmässigere Planung der Anlagenschritte ermöglicht, die ein simultanes Auftreten von Frachtspitzen verhinderte.

Reduzierte Frachtspitzen, effizientere Produktion

Der ML-Ansatz brachte einen weiteren Vorteil mit sich, nämlich optimierte Produktionsparameter der hauptverursachenden Anlagenschritte. Das Ergebnis waren reduzierte Frachtspitzen und Umwelteinflüsse zugunsten einer effizienteren Produktion. In Zahlen gesprochen: Im Vergleich zu einer End-of-Pipe-Lösung wurden die Frachtspitzen um 40 Prozent verringert und die Dimension der Anlage konnte um 20 Prozent verkleinert werden. Durch geringeren Frischlufteinsatz reduzierte sich der Energieverbrauch um 65 Prozent.

Dabei wurde deutlich, dass die Herausforderungen rund um eine gesteigerte Nachhaltigkeit nach neuen Herangehensweisen verlangen. Datenanalyse und Maschinelles Lernen können dazu beitragen, Anlagen effizienter auszulegen und zu betreiben. Klar wurde auch, dass bereits existierende Datensammlungen produktiv genutzt werden können und vermeintliche «Datenfriedhöfe» eine neue Funktion erlangen können.

Dieses für VTU erste Projekt, in dem Maschinelles Lernen für ein Retrofit zum Einsatz kam, brachte neue Fragestellungen mit sich, die wiederum zu einer geänderten Denkweise führten: Wie werden bestehende Daten am effizientesten genutzt, zusammengeführt und bereinigt? Wie werden Prozessingenieure für das Thema Maschinelles Lernen als sinnvolle Lösung sensibilisiert?

Maschinelles Lernen bietet in Zukunft vielversprechende Aussichten. So besteht weiteres Optimierungspotenzial in Richtung gesteigerte Nachhaltigkeit, etwa im datengestützten, effizienteren Betrieb von Anlagen. VTU möchte die Datenanalyse bei Umbauprojekten daher verstärkt von Beginn an integrieren.

Dr. sc. Stefan Pauli, Senior Data Scientist bei VTU

www.vtu.com

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