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Neue Horizonte für die Tieftemperaturmikroskopie

An der EPFL wurde ein neues Forschungsinstrument entwickelt, mit dem biologische Gewebeproben untersucht werden können. Das weltweit einzigartige Gerät soll vielversprechende neue Forschungsmöglichkeiten eröffnen.
Prof. Anders Meibom, Florent Plane, Stéphane Escrig. (Bild: EPFL, A. Herzog)

An der EPFL wurde ein neues Forschungsinstrument entwickelt, mit dem biologische Gewebeproben untersucht werden können. Das weltweit einzigartige Gerät soll vielversprechende neue Forschungsmöglichkeiten eröffnen.

Prof. Anders Meibom und seine Forschungsgruppe haben fast zehn Jahre und mehrere Prototypen gebraucht, um dort zu stehen, wo sie jetzt stehen. Es ist ihnen gelungen, eine Analysemethode zu optimieren, die als Sekundärionen-Massenspektrometrie im Nanomassstab bekannt ist: NanoSIMS. Mit «CryoNanoSIMS» haben die Forschenden nun ein Instrument gebaut, das die chemische und isotopische Zusammensetzung von verglasten Gewebeproben analysieren kann. Über die potenziellen Vorteile des Geräts berichtet ein Artikel im Fachmagazin BMC Biology.

Das vom Forschungsteam verwendete Probenvorbereitungsverfahren wurde in den Achtziger Jahren vom bekannten Waadtländer Biophysiker Jacques Dubochet entwickelt, der für diesen Durchbruch den Nobelpreis für Chemie 2017 erhielt. Das Verfahren, welches die Grundlage der modernen kryogenen Elektronenmikroskopie bildet, bewahrt alle Bestandteile einer biologischen Probe in ihrem makellosesten postmortalen Zustand.

«Wir sind jetzt in der Lage, Bilder zu erstellen, die genau zeigen, wo in einer Zell- oder Gewebeprobe ein bestimmter Nährstoff gespeichert oder verwendet wird oder wo ein bestimmtes Medikament hineingelangt oder nicht. Es gibt keine andere Möglichkeit, um diese Informationen zu erhalten», erklärt Prof. Meibom, Leiter des Labors für biologische Geochemie an der Fakultät für Architektur, Bau- und Umweltingenieurwesen an der EPFL und Professor an der Universität Lausanne.

Neue Horizonte für die Forschung

Mit dem neuen Instrument können Wissenschaftler kryogen präparierte biologische Gewebeproben nehmen – in denen keine Moleküle verloren gegangen oder gar verschoben worden sind – und direkt die genaue subzelluläre Verteilung von Verbindungen beobachten, die zum Beispiel für die Behandlung von bakteriellen Infektionen und Krebs wichtig sind. Wissenschaftlerinnen können mit dem Gerät auch die Verteilung von Spurenelementen in Pflanzengewebe sichtbar machen. Dies ist für die Verbesserung des Pflanzenwachstums, der Pflanzenproduktion und das Aufspüren von Umweltschadstoffen in Böden oder Biofilmen von entscheidender Bedeutung. All dies kann mit einer subzellulären räumlichen Auflösung erfolgen. Damit eröffnet das Instrument völlig neue Forschungsmöglichkeiten.

«Wir sind gerade dabei, in unserem Labor ein intensives Forschungsprogramm rund um diese einzigartige Fähigkeit zu entwickeln», fährt Meibom fort. Das CryoNanoSIMS-Labor an der Universität Lausanne gehört zum Center for Advanced Surface Analysis, das mit modernsten Geräten Element- und Isotopenanalysen von Oberflächen für eine breite Palette von Forschungsthemen von der Geologie bis zur Biologie durchführt. Dubochet bezeichnete das neue Instrument als «eine wichtige Erweiterung des Bereichs der biologischen Chemie.»

Schweizer Präzision

Die NanoSIMS-Technologie hat bereits bei ihrer Einführung vor rund 20 Jahren den Bereich der Bildgebung revolutioniert. Dabei wird ein Ionenstrahl auf eine Probe gerichtet und es entstehen Bilder mit einer Auflösung von 100 Nanometer. Die damit verbundenen Probenvorbereitungsmethoden führen jedoch alle zu einer gewissen Verzerrung der Gewebemorphologie und zum Verlust von löslichen Verbindungen. Um diese Hindernisse zu überwinden, entwickelten Meibom und sein Team ein kryogenes Verfahren zur Probenvorbereitung und fügten einer NanoSIMS-Maschine neue physikalische Komponenten hinzu, einschliesslich eines Flüssigstickstofftanks, sodass sie kryogene Proben aufnehmen kann.

Eine gewöhnliche Hydra, die in den Süssgewässern der Schweiz vorkommt. (Bild: iStock Photos)

«Es war extrem schwierig, ein bei Raumtemperatur arbeitendes Gerät in ein solches zu verwandeln, das gefrorene Gewebeproben analysieren kann, während es die Probe stundenlang kalt und stabil hält. Aber es ist uns gelungen, und wir können jetzt völlig neue Informationen gewinnen», sagt Meibom. «Ohne die maschinenbaulichen Fähigkeiten der EPFL-Werkstätten und der Schweizer Unternehmen, mit denen wir zusammengearbeitet haben, hätten wir die erforderliche Präzision für bestimmte Teile nicht erreicht.»

Von Süsswasserpolypen bis zu Korallen

Die Autoren der Studie testeten ihre CryoNanoSIMS-Methode an Proben der Grünen Hydra, einem kleinen Süsswasserpolypen, der in Süsswasserteichen und -seen lebt, auch in der Schweiz. Mit dem CryoNanoSIMS konnten sie direkt beobachten, wie dieses Nesseltier Ammonium, einen wichtigen Nährstoff für viele Wasserorganismen, aufnimmt und assimiliert.

In einem nächsten Schritt soll die Methode auf Korallen – einem weiteren Spezialgebiet von Meiboms Labor – angewendet werden. Damit wollen die Forschenden die Mechanismen der Symbiose zwischen Algen und Korallen untersuchen und die Faktoren ermitteln, die zur Korallenbleiche und zum Korallensterben führen.

Sandrine Perroud, EPFL

www.epfl.ch

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